Größter spätmittelalterlicher Münzschatz Baden-Württembergs entdeckt
Im Januar 2018 meldete ein Sondengänger dem LAD telefonisch den Fund eines größeren Münzschatzes mit über 1.000 Silbermünzen, den er bei der Suche nach Militaria-Utensilien und Munition zusammen mit einem Bekannten in Ellwangen zufällig entdeckt hatte. Bereits bei diesem Telefonat wurde deutlich, dass es sich um einen außergewöhnlichen Fund handelte und so fand bereits am Folgetag ein Treffen mit Archäologen des LAD statt.
»In der Tat handelt es sich um einen beeindruckenden Fund, der mit mehreren tausend Münzen wesentlich umfangreicher ist, als erwartet. Ein einzelner Ring, Keramikscherben von mindestens zwei Gefäßen sowie verschiedene Textilien gehörten ebenfalls noch dazu«, erklärt Prof. Dr. Claus Wolf, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart.
Der sehr kooperative Sondengänger führte die Experten des LAD an die Stelle, wo der Münzschatz entdeckt worden war. Hier waren noch die Spuren des Aushubs und einzelne Keramikscherben vorhanden. Die archäologische Nachuntersuchung des LAD in der folgenden Woche erbrachte weitere Scherben sowie den Gefäßabdruck des Münzdepots, sodass zweifelsfrei feststand, dass dies der ursprüngliche Fundplatz war.
Strafbefehle wegen Unterschlagung
Es stellte sich heraus, dass die Sondengänger den Schatzfund bereits im Sommer 2017 gemacht hatten - sich jedoch einer der Sondengänger erst etliche Monate nach der Bergung beim LAD meldete. Unklar war, ob weitere Funde von der zweiten beteiligten Person zurückgehalten wurden. Deshalb informierte das LAD das Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA). Im Rahmen der daraufhin erfolgten Ermittlungen konnte die Identität des zweiten Beteiligten festgestellt werden. An dessen Wohnanschrift stellten die Ermittler des LKA im Mai 2018 weitere aus dem Schatz stammende Münzen sicher. Die Staatsanwaltschaft Ellwangen leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen Unterschlagung gegen die beiden Finder des Schatzes beim Amtsgericht Ellwangen ein.
Die Staatsanwaltschaft Ellwangen hat gegen die beiden Finder des Schatzes beim Amtsgericht Ellwangen jeweils den Erlass eines Strafbefehls wegen gemeinschaftlicher Unterschlagung nach §§ 246, 25 Absatz 2 StGB beantragt. Das Amtsgericht hat die Strafbefehle antragsgemäß erlassen. Die Strafbefehle wurden von den Angeschuldigten akzeptiert und sind seit Februar 2019 rechtskräftig. Beide wurden jeweils zu einer schuldangemessenen Geldstrafe verurteilt.
Inhalt und Umfang des Münzschatzes
Der Münzschatz besteht, wie sich aus seinem Gewicht erschließen lässt, aus über 9.200 Silbermünzen, die aneinander haften. Nach derzeitigem Kenntnisstand wurde er in den Jahrzehnten um 1300 vergraben.
Für die Archäologische Restaurierungswerkstatt des LAD stellt es eine große Herausforderung dar, die Münzen freizulegen. Bislang wurden rund 100 Münzen restauriert, um einen fundierten Einblick in das Münzspektrum des Schatzes zu erhalten.
Es handelt sich um 14 Brakteaten - Münzen aus einem dünnen Metallblech, die einseitig geprägt wurden - der Bistümer Augsburg und Konstanz, einem Denar aus Würzburg, drei französischen Turnospfennigen sowie geschätzt etwa 9.200 Hellern aus Schwäbisch Hall. Anhand der mitgefundenen Keramikscherben lassen sich zwei Gefäße rekonstruieren: ein Topf, in dem die Münzen ursprünglich vergraben waren, und eine sogenannte Becherkachel, deren Funktion wegen der Zerstörung der Befunde durch die unsachgemäße Grabung nicht mehr rekonstruiert werden kann. Möglicherweise befand sich hierin ein Teil der Münzen, die bewusst von den anderen getrennt worden waren. Auch kann nicht mehr rekonstruiert werden, wozu die drei unterschiedlichen Stoffreste dienten, die nachweisbar sind. Einige Münzen sind jedoch noch in Form von Stapeln aneinander festkorrodiert, sodass vermutlich unterschiedliche Münzwerte in die Gewebe eingeschlagen waren. Das bislang gesichtete Münzspektrum lässt die Einschätzung zu, dass die Vergrabung in den Jahrzehnten um 1300 stattfand.
Der Ellwanger Münzschatz stellt allein durch seine Größe und den Wert eine Besonderheit in Süddeutschland dar. Mit über 9.200 Prägungen stellt diese Entdeckung den größten Münzschatzfund der Zeitepoche von 1260 bis 1330 in Baden-Württemberg dar. Bislang sind nur wenige vergleichbare größere Münzschätze aus diesem Zeitraum bekannt, von denen die meisten jedoch weder erhalten sind noch wissenschaftlich untersucht werden konnten. Der überwiegende Teil dieser anderen Münzschatzfunde enthielt weniger als 1.000 Münzen - auch dies zeigt die große Bedeutung des Fundes aus Ellwangen.
Der damalige Wert ist schwer zu ermitteln; er dürfte zum Zeitpunkt der Vergrabung dem Wert eines kompletten Bauernhofes in mittelertragreichem Gebiet entsprochen haben. Dies ist damit ein Wert, der unter normalen Umständen von der einfachen Bevölkerung im späten Mittelalter kaum hätte angespart werden können.
Die sehr einheitliche Zusammensetzung spricht tendenziell eher dagegen, dass der frühere Eigentümer ein im Fernhandel tätiger Händler war. Vorstellbar ist, dass hier Einnahmen - beispielsweise aus Steuern oder Verkäufen - versteckt worden sein könnten. Der Ring fällt hingegen aus dem Rahmen. Er könnte einen persönlichen Gegenstand widerspiegeln, der in einer gefährlichen Situation verborgen worden ist, um nicht zusammen mit den Münzen entwendet zu werden.
Die Bedeutung des Schatzfundes von Ellwangen für Wissenschaft und Forschung
Münzschätze dieser Größenordnung werden im Allgemeinen nur äußerst selten entdeckt - und es ist zu vermuten, dass die Öffentlichkeit davon häufig überhaupt keine Kenntnis erhält. »Auch wenn durch die illegale unsystematische Bergung leider wichtige Informationen verloren gegangen sind, stellt es für die moderne Numismatik (Münzkunde/- forschung) einen Glücksfall dar, dass wenigstens die Münzen wahrscheinlich noch vollständig vorhanden sind und daher vielfältige Möglichkeiten einer detaillierten Auswertung der Zusammensetzung des Münzumlaufs im späten 13. und frühen 14. Jahrhundert in Baden-Württemberg beziehungsweise Süddeutschland bieten«, betont Landesarchäologe Prof. Dr. Dirk Krausse. Viele der älteren Schatzfunde sind nur noch aus der Literatur bekannt oder in Einzelstücken greifbar und erlauben daher nur noch sehr beschränkte Aussagen.
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