Während unter den tropischen Wäldern Südostasiens, Sri Lankas und Mittelamerikas archäologische Überreste agrarischer Siedlungen mit geringer Bevölkerungsdichte gefunden wurden, gab es für das vorspanische Amazonien - abgesehen von einigen großen zusammenhängenden Siedlungen im südlichen Amazonasgebiet - bisher keine Nachweise solcher Siedlungsstrukturen. Neue Lidar-Daten von Stätten der Casarabe-Kultur (ca. 500 bis 1400 n. Chr.) im Savannen-Wald-Mosaik der Llanos de Mojos im Südwesten Amazoniens enthüllen nun zwei bemerkenswert große Stätten (147 ha und 315 ha) in einem dichten vierstufigen Siedlungssystem.
Das bekannte Gebiet der Casarabe-Kultur erstreckt sich über etwa 4.500 km2, wobei eine der großen Siedlungsstätten eine Fläche von etwa 500 km2 einnimmt. Die zivil-zeremonielle Architektur dieser großen Siedlungsplätze umfasst gestufte Plattformen, auf denen U-förmige Strukturen, rechteckige Plattformhügel und konische Pyramiden mit einer Höhe von bis zu 22 m liegen. Die großen Siedlungsplätze sind von konzentrischen, polygonalen Wällen umgeben und stellen zentrale Knotenpunkte dar, die über gerade, erhöhte Dammwege, die sich über mehrere Kilometer erstrecken, mit den tiefer gelegenen Plätzen verbunden sind. Massive wasserwirtschaftliche Infrastrukturen, bestehend aus Kanälen und Reservoirs, vervollständigen das Siedlungssystem in einer anthropogen veränderten Landschaft.
Die architektonische Gestaltung der großen Siedlungen zeigt, dass die Bewohner dieser Region durch Monumentalität eine neue soziale und öffentliche Landschaft geschaffen haben. Die Größe, die Monumentalität, der Arbeitsaufwand für den Bau der zivilen Zeremonialarchitektur und der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur sowie die räumliche Ausdehnung der Siedlungen sind mit den andinen Kulturen vergleichbar. Die Größenordnung der Siedlungsstrukturen übersteigt die der hochentwickelten, zusammenhängenden Siedlungen des südlichen Amazonasgebiets, die keine monumentale zivile Zeremonialarchitektur aufweisen, bei weitem.
Die Ergebnisse weisen eindeutig darauf hin, dass das Siedlungsmuster der Casarabe-Kultur eine Art von tropischem Urbanismus mit geringer Dichte darstellt, der bisher in Amazonien nicht beschrieben wurde.
LiDAR-Technologie
Die Lidar-Technologie hat die Dokumentation archäologischer Stätten weltweit revolutioniert, insbesondere solcher, die unter dichtem Wald verborgen sind. Im Amazonas-Tiefland wurde Lidar erstmals im Rahmen des deutsch-bolivianischen Projekts in Mojos (PABAM) 2011 zur archäologischen Prospektion in der Region Iténez/Guaporé eingesetzt.
Für die in der in der Zeitschrit Nature veröffentlichten Studie wurde ein Gebiet von insgesamt 200 km2 verteilt auf 6 separate Teilgebiete unterschiedlicher Größe des Casarabe-Kulturgebietes kartiert. Als Sensor wurde ein Riegl VUX-1-Scanner mit einem Trimble APX-15 UAV GNSS verwendet, der mit einer speziellen Halterung an einem Eurocopter AS350-Hubschrauber befestigt war. Die Flughöhe betrug 200 m über dem Boden, die Fluggeschwindigkeit betrug 45 Knoten. Die Missionen wurden in parallelen 200-m-Streifen geflogen, die sich zu 50 % überlappten. Die Nachbearbeitung der Daten wurde von Martin Schaich (ArcTron) mit der RIEGL-Software RiAnalyze durchgeführt.
Publikation
Lidar reveals pre-Hispanic low-density urbanism in the Bolivian Amazon
Nature. 25.05.2022
DOI: 10.1038/s41586-022-04780-4
https://www.nature.com/articles/s41586-0...
Das DAI in Bolivien
Das DAI-Projekt in den Llanos de Mojos wird bis 2024 fortgesetzt und umfasst auch die weitere Kartierung prähispanischer Stätten. Zu diesem Zweck wird seit 2021 erfolgreich eine mit LIDAR ausgestattete Drohne eingesetzt.