Norman Bancroft Hunt: Atlas der indianischen Hochkulturen
Olmeken, Tolteken, Maya, Azteken
Der Titel dieses Buches verspricht viel, hält aber davon nur wenig. Denn im Titel wird ein Atlas der indianischen Hochkulturen versprochen. Bereits der Untertitel "Olmeken, Tolteken, Maya, Azteken" zeigt, dass sowohl die indianischen Kulturen Nordamerikas als auch die zahlreichen südamerikanischen Kulturen wie Muisca, Moche, Nasca, Inka in diesem Band gar nicht behandelt werden. Somit muss man dem Verlag vorwerfen, mit dem Titel einen Etikettenschwindel zu betreiben.
Leider enthält dann bereits der erste Satz in der Einleitung auf Seite 6 einen Fehler, der in so einem Buch einfach nicht auftauchen darf. Da wird behauptet, dass der Anthropologe Paul Kirchhoff den Begriff "Mittelamerika" geprägt hätte. Die anschließende, äußerst unvollständige Definition zeigt dann jedoch, dass der Autor das meint, was Kirchhoff wirklich geprägt hat: den Begriff "Mesoamerika". Und gerade die Unterscheidung dieser beiden Begriffe macht das Verständnis der mesoamerikanischen Kulturen aus. Denn Mesoamerika ist ein willkürlich festgelegtes Territorium, welches nur einen Teil des geographisch bestimmten Mittelamerikas umfasst. Die mesoamerikanischen Kulturen, zu denen die oben genannten richtigerweise gehören, werden durch einige festgelegte Kriterien bestimmt, von denen der Autor auch einige aufzählt. Jedoch ist der Beginn des Buches mit einem derart unverzeihlichen Fehler kein guter Einstieg. Deshalb kann man von einer Lektüre des Buches nur abraten.
Dagegen sind die Abbildungen sehr gelungen, einzelne spezifisch gestaltete Karten geben einen recht guten Überblick. So kann man das Werk doch ganz gut als eine Art Bilderbuch benutzen. Aufgrund der Fehler im Textteil wird es jedoch höheren Ansprüchen nicht gerecht.
Für Interessierte, die sich nur einen kurzen Überblick über die mesoamerikanischen Kulturen verschaffen möchten ist das Buch jedoch recht gut geeignet. Immerhin werden die Kulturen der Olmeken, der Zapoteken, der Mixteken, der Maya und Azteken recht übersichtlich dargestellt. Hinzu kommt eine reiche Illustration des gesamten Bandes, die einen Eindruck von der Pracht der vorgestellten Kulturen vermittelt.
Vor dem Kauf des Buches muss man sich darüber im Klaren sein, welche Ansprüche man hat. Für einen Interessierten, der einen preisgünstigen Überblick über die mesoamerikanischen Kulturen sucht, wird der Band den Ansprüchen gerecht. Wer sich mit dem Thema auskennt, kann auf dieses Buch verzichten.
Rezension zu
Hunt, Norman Bancroft
Atlas der indianischen Hochkulturen. Olmeken, Tolteken, Maya, Azteken
Wien: tosa Verlag 2002
ISBN 3-85492-557-3
192 Seiten
Preis: € 12,95