Von Kirchenbauern und frommen Frauen
Etwa 30 ausgewählte Funde aus der aktuellen Ausgrabung veranschaulichen die unterschiedliche Nutzung des Geländes im Mittelalter. Bei der Untersuchung des Geländes an der Gaukirche St. Ulrich legen die Archäologen seit 2009 die mittelalterlichen Schichten frei. Dabei kamen unter der barocken Klosteranlage die Mauern des ersten Nonnenklosters in Paderborn zum Vorschein. Ab dem 13. Jahrhundert lebten hier Zisterzienserinnen in schlichten Fachwerkbauten mit Lehmfußboden. Die Objekte in der Ausstellung spiegeln den Lebensalltag im Kloster wieder. Mit dem Bronzegriffel etwa beschrieben die Nonnen Wachstafeln und ein Kamm diente zur Textilherstellung. Außerdem entdeckte das Team der Stadtarchäologie die Fundamente zweier Öfen, dazu Werkabfälle wie Kupfererz und Gussreste aus Blei und Bronze. "Diese Werkstätten lassen sich als Bauhütte für die um 1170/80 errichteten Gaukirche deuten", erklärt Stadtarchäologe Dr. Sven Spiong, " in unmittelbarer Nähe zur Baustelle arbeiteten die Handwerker hier an der Ausstattung der Gaukirche mit Glasfenstern und weißem Wandputz".
Weitere Funde in der Ausstellung stammen aus einer über 1,60 Meter tiefen Senke mit Verfüllschichten aus mehreren Jahrhunderten. In die Zeit des Kirchenbaus gehört eine nördlich der Alpen sehr seltene Silbermünze Kaiser Heinrichs II. Ihr Prägeort Lucca (Italien) weist auf weit reichende Handelsbeziehungen hin. Andere Funde geben ihre Geheimnisse dagegen nicht auf den ersten Blick preis. So ließ sich ein kunstvoll gewundener Bronzedraht erst bei genauerer Untersuchung durch winzige anhaftende Textilreste als Zierelement eines Gewebes einordnen. Immer noch unklar ist aber, welche Art Kleidung der Draht schmückte.
"Die Stadtarchäologie in Paderborn leistet mit jeder Ausgrabung einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Stadtgeschichte", betont Museumsleiter Dr. Martin Kroker, "deshalb präsentiert das Museum in der Kaiserpfalz seinen Besuchern regelmäßig die neuesten Funde".
Der Stadtarchäologe Dr. Sven Spiong begrüßt alle Interessierten am Pfingstmontag (24.5.) um 11 Uhr zu einer kostenlosen öffentlichen Führung über die laufende Ausgrabung an der Gaukirche, Treffpunkt ist der Eingang des Museums in der Kaiserpfalz.
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