Vom Umgang mit archäologischen Fachdaten in Denkmalpflege und Forschung

Der Umgang mit digitalen Daten gehört auch in den Denkmalbehörden inzwischen zum Alltag. Mit den speziellen Anforderungen der archäologischen Denkmalpflege an den Einsatz von Informationstechnologien beschäftigt sich seit über acht Jahren die Kommission »Archäologie und Informationssysteme« des Verbandes der Landesarchäologen. Eine erste Bilanz ihrer Tätigkeit zieht die Kommission in einer kürzlich in gedruckter Form vorgelegten Publikation, die jetzt auch kostenfrei online abrufbar ist.

Buchcover: Archäologie und Informationssysteme

Der 136 Seiten umfassende Band, der Ende 2013 als Band 42 (!) der Reihe »Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen« erschienen ist, stellt wichtige Ergebnisse, Diskussionen und Anregungen aus der Arbeit der Kommission zusammen.

Zur Einführung werden die Kommission »Archäologie und Informationssysteme« mit ihren Arbeitsgruppen vorgestellt und der Archäologische Daten-Export-Standard ADeX präsentiert, von dem mittlerweile die Version 2.0 spezifiziert wurde. Dabei wird detailliert auf die zugrunde liegenden Definitionen, das Datenmodell und die verfügbaren Datentypen eingegangen.

Der folgende Teil der Publikation befasst sich mit der Frage nach dem Zugang zu archäologischen Daten. In vier Beiträgen diskutieren die Autoren die Möglichkeiten und Probleme, die mit der Forderung nach freiem Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung, und hier insbesondere der Denkmalbehörden, verbunden sind. Dabei spielen - neben dem Ziel, Bodendenkmäler vor Zerstörung zu schützen - noch weitere Aspekte wie etwa des Datenschutzes und des Urheberrechts eine Rolle.

Theoretische Überlegungen mit erheblichen Konsequenzen für die praktische Umsetzung des Datenaustausches über regionale, politische und kontextuale Grenzen hinweg stehen im Mittelpunkt des nächsten Abschnitts mit dem Titel »Thesaurusfragen«. Drei Beiträge beschäftigen sich mit dem Problem der Harmonisierung heterogener Datenbestände, die  eine unabdingbare Voraussetzung für den Austausch digitaler Daten ist. Was sich selbstverständlich anhört, ist gerade in der Archäologie nicht trivial - wie man an der allgemein üblichen Verwendung von Bezeichnungen kultureller Phänomene zum Zweck der Datierung sehen kann. Ohne die zusätzliche Angabe zum räumlichen Kontext bleibt unklar, welche Zeit z.B. der Begriff »Neolithikum« beschreibt - schließlich begann die Jungsteinzeit im Nahen Osten einige Tausend Jahre früher als etwa in Norddeutschland.

Der Abschnitt »Archivierung und Dokumentation« ist der am stärksten an der alltäglichen Praxis im Umgang mit Daten aus den verschiedensten Quellen orientierte Teil der Publikation. Sieben Beiträge widmen sich dem breiten Spektrum der unterschiedlichen Datenformate, ihrem Wandel im Lauf der Zeit und wie man den dauerhaften Zugriff auf die enthaltenen Informationen sicherstellen kann. Hierfür wird dem Leser u.a. ein »Kleiner Ratgeber zur Archivierung digitaler Daten« an die Hand gegeben.

Im letzten Teil der Publikation werden schließlich weitere, nicht der Landesarchäologie angegliederte Projekte vorgestellt, die sich mit der gleichen Thematik befassen. Auf Bundesebene ist dies das vom Deutschen Archäologischen Institut (DAI) initiierte Projekt IANUS, das den Aufbau eines nationalen Forschungsdatenzentrums für Archäologie und Altertumswissenschaften zum Ziel hat. Auf europäischer Ebene hat sich das vom »Europae Archaeolgiae Consilium« (EAC) getragene Projekt ARCHES, das in der Publikation ebenfalls vorgestellt wird, die Etablierung von einheitlichen Daten-Standards und der Aufbau eines archäologischen Archivs zum Ziel gesetzt.

Insgesamt gibt das Buch einen guten Einblick in die Problematik der fortschreitenden Digitalisierung in der Archäologie und zeigt mögliche Stolperstellen bei der Interpretation von Daten sowie Strategien auf, mit diesen Problemen umzugehen. Vor allem aber stärkt die Lektüre das Bewusstsein des Lesers für mögliche Stolperstellen bei der Interpretation von Daten und für die Vergänglichkeit von Information. Die gehört zwar eigentlich zum Archäologen-Alltag, aber vielen ist nicht bewusst, dass davon auch die digitalen Daten betroffen sind.

 

Publikation

Winghardt, Stefan (Hg.): Archäologie und Informationssysteme. Vom Umgang mit archäologischen Fachdaten in Denkmalpflege und Forschung. Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen 42. Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege 2013
Vertrieb: CW Niemeyer Buchverlage GmbH
Hier auch als PDF kostenlos online abrufbar

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