Vasallenherrschaft im sasanidischen Iran
Frank Schleicher untersucht die Wechselwirkungen zwischen den Großkönigen des Imperiums und ihren Fürsten in der Peripherie. Wie versuchten die Herrscher, die Kontrolle über das gesamte Reich zu erhalten, ohne überall militärisch präsent sein zu müssen? Welchen Nutzen zogen die Vasallenherrscher aus der Abhängigkeit zu den sasanidischen Königen und umgekehrt? Vier Schlüsselregionen des iranischen Reiches sollen zur Klärung dieser Fragen genauer betrachtet werden. "Besonders gut ist die Quellenlage für den Südkaukasus, das heutige Ostsyrien, Nordarabien und die Region südlich des Aralsees", sagt Frank Schleicher. Die Theorien zur Aufklärung der herrschaftlichen Beziehungen reichen von Gefälligkeiten und Geschenken der Großkönige bis hin zum genauen Gegenteil, etwa in Form von Kriegsandrohungen oder der Verweigerung militärischer Unterstützung im Falle einer Bedrohung von außen. Mit der Beseitigung der Vasallenherrscher seit dem ausgehenden 5. Jahrhundert begann ein Prozess, der letztlich den Zerfall des sasanidischen Imperiums in den Jahren um 630 n. Chr. einleitete. Schleichers Aufgabe besteht vorrangig darin, jene schriftlichen Quellen zu sichten und auszuwerten, die vor allem von Griechen, Römern, Armeniern und Arabern teilweise Jahrhunderte nach der Sasanidenherrschaft verfasst wurden. Aber auch zeitgenössische Inschriften und Dokumente, die bei archäologischen Grabungen zutage traten, müssen bearbeitet werden. Das Forschungsprojekt läuft bis Oktober 2025.
Da der Jenaer Althistoriker das Forschungsprojekt allein bestreitet, ist reger Austausch mit anderen Fachleuten besonders wichtig. Anfang September 2023 sollen die ersten Ergebnisse bei einer Konferenz an der Friedrich-Schiller-Universität vorgestellt werden, um einen internationalen Diskurs anzustoßen. "Am Ende dieses Projektes soll eine Monographie stehen, in der die Herrschaftsstrukturen des Sasanidenreiches beschrieben werden und deren Inhalte modellhaft für die Untersuchung weiterer antiker Imperien genutzt werden können", sagt Frank Schleicher. Das Ziel ist es, die Herrschaftsbeziehungen innerhalb des Imperiums zu verstehen und die Möglichkeit zu eröffnen, diese in einen historischen Betrachtungsrahmen mit anderen Großreichen wie Rom oder Byzanz einzuordnen und zu vergleichen.
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