Unerwarteter Fund eines herausragenden Waffenträgergrabes
"Hier zeigt sich wieder, dass größere Bauprojekte archäologisch begleitet werden müssen", leitete Prof. Dr. Krausse, Landesarchäologe des Landesamtes für Denkmalpflege, die Präsentation ein und fügte hinzu: "Nur durch frühzeitige systematische Prospektion kann die undokumentierte Zerstörung wichtiger archäologischer Fundstätten verhindert werden. Eine moderne und schlagkräftige archäologische Denkmalpflege kann zügig und professionell arbeiten und damit Bauverzögerungen von vorneherein vermeiden."
Dr. Dorothee Brenner und Dr. Jonathan Scheschkewitz, beides ebenfalls Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege, gaben anschließend einen Überblick über die vorläufigen Grabungsergebnisse und über die Bedeutung des bestatteten Kriegers von Bissingen.
Ausgelöst durch die Pläne zur Verdichtung der Ortsbebauung wurde zunächst eine archäologische Sondierung auf dem ca. 2.000 Quadratmeter messenden Areal durchgeführt. Dabei konnte eine große mittelalterliche Siedlung nachgewiesen werden. Das Landesamt für Denkmalpflege unternahm im Frühjahr und Sommer 2015 eine großflächige Rettungsgrabung und schloss die Untersuchungen vereinbarungsgemäß Ende August ab. Die Siedlung umfasste die Überreste von größeren Pfostengebäuden und kleinen halb in den Boden eingetieften Grubenhäuser, die häufig der Textilverarbeitung dienten. Zahlreiche Ofenstrukturen können größtenteils in Zusammenhang mit der Weiterverarbeitung von Eisen gesehen werden.
Unerwartet kam inmitten der Siedlung Ende Juni eine große Grabgrube zum Vorschein, die sich als unberaubte Bestattung eines hochgestellten Mannes herausstellte. "Wir waren schon von den spannenden Siedlungsbefunden begeistert, aber der Fund dieses reichen Kriegergrabes hat unsere Erwartungen weit übertroffen. Ein solcher Fund ist für uns und auch für die Geschichte des Ortes von besonderer Bedeutung", freute sich Dr. Brenner. Die Grablege konnte anhand der Ausstattung mit hervorragenden Beigaben ins 7. Jahrhundert nach Christus datiert werden. Der Mann war in einem Sarg in einer großen Grabkammer mit seiner vollständigen Waffenausstattung und einigen persönlichen Gegenständen beigesetzt worden. Darunter befand sich auch ein seltenes aus Goldblech gefertigtes Kreuz, das wahrscheinlich auf einem Tuch aufgenäht war, mit dem das Gesicht des Toten bei der Bestattung abgedeckt wurde.
Zu seiner reichen Waffenausstattung gehörte das Langschwert (Spatha), das einschneidige Kurzschwert (Sax) sowie Lanze und Schild. Durch den Sporn am linken Fuß und ein reich verziertes Pferdegeschirr war er als Reiter gekennzeichnet. Eine bronzene Schüssel, ein kleines Tongefäß sowie Fleischstücke als Speisebeigaben sicherten seine Versorgung im Jenseits. Rätselhaft ist noch eine Beigabe, die aus sechs vermutlich an einem organischen Material befestigten Bronzelamellen besteht. "Die Grabausstattung zeugt von einem angesehenen Mann, dessen Hinterbliebene vermutlich wollten, dass er auch im Jenseits seinen Status beibehält. Die Familie konnte damit aber auch ihren eigenen gesellschaftlichen Rang demonstrieren. Das war in einer Zeit des Umbruchs, als das Christentum sich langsam bei den Alamannen etabliert, sicher wichtig", fasste Dr. Scheschkewitz abschließend zusammen.
Die Funde wurden in mehreren Gipsblöcken geborgen, um sie unter Laborbedingungen in der Restaurierungswerkstatt des LAD freizulegen. Die Blöcke wurden inzwischen im Computertomographen geröntgt, sodass ein Eindruck der zahlreichen Funde gewonnen werden konnte. Die Leiterin der archäologischen Restaurierungswerkstatt am Landesamt für Denkmalpflege, Nicole Ebinger-Rist, erläuterte bei der Präsentation anhand der visualisierten Messdaten, welche Informationen über die Beigaben durch diese moderne Technik gewonnen werden können. Deutlich zeichnen sich die aufwändigen Verzierungen der Gürtelbestandteile und des Pferdegeschirrs sowie der Waffen ab. Gegenwärtig werden die Funde nun freigelegt und restauriert, damit sie für eine wissenschaftliche Bearbeitung und museale Präsentation langfristig zur Verfügung stehen.
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