Überraschung im Bohrkern

LWL-Archäologen datieren Kindelsberg in die Eisenzeit

Der Kindelsberg östlich von Kreuztal im Siegerland ist nicht nur ein beliebtes Ausflugsziel. Er ist auch von archäologischem Interesse, da seine Datierung umstritten ist. Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) konnten nun Licht ins Dunkel bringen: Aktuelle Bohrproben ergeben, dass der Kindelsberg nicht aus dem Mittelalter stammt, sondern aus der Eisenzeit. Er ist somit weit über tausend Jahre älter als bisher angenommen und das Siegerland um eine seltene keltenzeitliche Wallburg reicher.

massiv gesetzte Trockenmauer
1989 legten Mitarbeiter der LWL-Archäologie für Westfalen einen Teil der Befestigung frei und stellten hier eine ursprünglich massiv gesetzte Trockenmauer fest. (Foto: LWL/H. Menne)

Die LWL-Archäologie für Westfalen erforscht zurzeit gemeinsam mit dem Deutschen Bergbaumuseum in Bochum und dem Altenberg & Stahlberg e.V. in Müsen die mittelalterliche Montanlandschaft im nördlichen Siegerland. Der Kindelsberg ist dabei von zentraler Bedeutung: Die Befestigung könnte nämlich ein prominenter Zeuge territorialer Streitigkeiten im Hochmittelalter sein. Ausgehend von der archäologischen Datierung diskutieren Wissenschaftler, ob die Befestigung ehemals unter der Kontrolle der Kölner Erzbischöfe stand oder unter jener der Grafen von Nassau - also der Konkurrenz.

Um die Diskussion aus archäologischer Sicht zu bereichern, führte der LWL im Juni 2016 unter der Leitung von Dr. Manuel Zeiler in den Wällen des Kindelsbergs Rammkernbohrungen durch. Dabei wird ein Rohr mit so großer Kraft in den Boden gerammt, dass die Erdschichten in ihrer natürlichen Abfolge herausgezogen werden können und erkennbar bleiben.

Bereits bei der zweiten Bohrung stießen die LWL-Archäologen aus Olpe auf Asche von Holzkohle. Diese konnte mit Hilfe der Radiokarbonmethode datiert werden und zeigte ein überraschendes Ergebnis: Der Kindelsberg ist nicht mittelalterlich, sondern eisenzeitlich. Die Probe datiert in das 9. bis 8. Jahrhundert v. Chr. Damit ist das Siegerland um eine keltenzeitliche Wallburg reicher. "Dieses Ergebnis ist bedeutend, denn bislang waren nur wenige eisenzeitliche Fundstellen aus dem nördlichen Siegerland bekannt", erklärt Zeiler.

Die Frage nach der Befestigung des Kindelsbergs beschäftigt die Archäologen schon seit 80 Jahren. Noch heute umgibt die Bergkuppe der deutlich erkennbare Wall der ehemaligen und heute verstürzten Befestigung. Bereits 1933 wurde das Bodendenkmal im Zuge von archäologischen Ausgrabungen untersucht und eine Befestigung in Steinbauweise festgestellt, stabilisiert durch hölzerne Ständer. Der damalige Ausgräber datierte die Befestigung in die Eisenzeit. Der Kindelsberg wurde daraufhin in topografischen Karten als "keltische Wallburg" vermerkt.

Allerdings wurden schnell Stimmen laut, welche die massive Steinbauweise und die geringe Größe als typisch mittelalterlich ansahen. "Da weitere Ausgrabungen nichts Gegenteiliges ergaben, hielt sich diese zeitliche Einordnung bis heute. Wir freuen uns, dass wir mit Hilfe moderner Technik das jahrzehntelange Rätselraten um die Datierung des Kindelsbergs endlich lösen konnten", so Zeiler.

Rammkernbohrgerät
Mittels Rammkernbohrgerät spürten die Archäologen 2016 aschehaltige Schichten im Wallversturz auf. (Foto: LWL/ M. Zeiler)
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