Theologischer Code des Kaiserdoms in Speyer rekonstruiert
Die Wissenschaftler konnten zeigen, wie sehr das religiöse wie politische Selbstverständnis der Salier mit den gottesdienstlichen Handlungen des Domes und der damit verbundenen Altaranordnung, der "sakralen Binnentopographie", zusammenhängt. So nahm man beim Dombau von einer noch in Worms und Mainz vorhandenen doppelchörigen Anlage Abstand, um den Westteil ganz der Herrschaftsrepräsentation vorzubehalten. Altarstellen fanden sich bis ins Hohe Mittelalter lediglich im Osten der Saliergrablege. Der Hochaltar St. Maria dürfte dabei auf das Fest Mariae Geburt (am 8. September) Bezug nehmen, denn an diesem Tag wurde Konrad II. im Jahre 1024 zum König gekrönt. Liest man den Marientitel im Kontext der beiden Seitenaltäre, St. Stephanus (Fest am 26.12.) im Süden und St. Johannes Evangelist (Fest am 27.12.) im Norden, gerät das Weihnachtsfest in den Blick. Damit wird erneut ein wichtiges Datum der Salierdynastie festgehalten, denn am Weihnachtstag des Jahres 1046 wurde Heinrich III. in Alt-St. Peter in Rom zum Kaiser gekrönt.
Ein achter, aufgrund der Quellen rekonstruierter zentraler Altar der Krypta ist dann nicht zufällig dem Apostel Petrus geweiht, sondern kann als Romzitat gedeutet werden. Die dem Petrusaltar zur Seite gestellten sechs Altäre des Kryptaquerschiffes erschließen sich erst in ihrer Zuordnung zur auf gleicher Ebene gelegenen Saliergrablege. Nicht nur, dass der nördliche Altar den Aposteln Simon und Judas geweiht war, deren Fest am 28. Oktober der Geburtstag Heinrichs III. und dann auch sein Begräbnistag 1056 in Speyer war. Auch die übrigen Aposteltitel finden sich in der Krypta, mit Ausnahme Johannes des Evangelisten, der bereits in der Oberkirche zu finden ist. Im Sinne einer Jenseitsvorsorge sichern die Apostel quasi die Saliergrablege ab.
Diese theologischen Zusammenhänge und viele weitere Bezüge ergaben sich bei der Auswertung eines spätmittelalterlichen sogenannten "Liber Ordinarius", der den aufwendigen Gottesdienst des Domkapitels detailliert berichtet und Rückschlüsse auf die Salierzeit zuließ. Der Liber Ordinarius ist zudem eine Fundgrube für typisch spätmittelalterliche Frömmigkeit und ihre Inszenierungen. So wurde etwa am Tag Christi Himmelfahrt eine Figur des Auferstandenen in das Gewölbe hinaufgezogen, um die Himmelfahrt Christi auch anschaulich zu machen.
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