Technische Hochschule Deggendorf erstellt ungewöhnliche Nachbildung einer Bronze-Statuette
Jetzt wird es auf der Roseninsel im Starnberger See wieder eine Vitrine geben, in der Stücke der Geschichte der Insel präsentiert werden. Unter anderem ist daran gedacht, eine Auswahl prähistorischer Faustkeile, eine steinzeitliche Speerspitze – und wie damals – das Pantherweibchen zu zeigen, das sich heute im Besitz des Wittelsbacher Ausgleichsfonds befindet. Weil das Original aus konservatorischen und sicherheitstechnischen Gründen nicht ausgestellt werden kann, hat der Förderkreis Roseninsel Starnberger See das 3D-Labor der Technischen Hochschule Deggendorf beauftragt, eine Replik anzufertigen. Aufgrund der fragilen Oberfläche der Plastik war eine klassische Abformung nicht möglich, weshalb auf eine berührungsfreie Methode zurückgegriffen werden musste.
Die technische Realisierung übernahm Gerd Brändlein, Laboringenieur des 3D-Labors der THD. Zwei Verfahren kamen für die Digitalisierung zur Anwendung: ein 3D-Scan mithilfe des laboreigenen Artec Spider® und eine Messung im Computertomografen des Fraunhofer Anwendungszentrum CT in der Messtechnik. Der 3D-Scanner ist ein kleines tragbares Gerät, das zwei Kameras und eine Blitzdiode enthält, die ein Licht-Muster auf das Objekt wirft. Die projizierten Strukturen werden vom Scanner erfasst, sodass dieser anhand der Verzerrung schließlich eine 3D-Geometrie berechnen kann. Bei der Messung ist eine Genauigkeit von bis zu 0,1 mm möglich und bei Bedarf lässt sich zusätzlich sogar eine Textur erfassen. An seine Grenzen stößt der handgeführte 3D-Scanner allerdings bei verdeckten Stellen und Hinterschneidungen. Für derartige Partien kann jedoch der CT-Scan genutzt werden, der das Objekt komplett durchleuchtet und so auch solche Bereiche zu reproduzieren vermag. Für den Tomografen lag die Herausforderung bei diesem Werkstück in der Dichte des Materials Bronze, welches schwierig zu durchleuchten war. Um dennoch ein brauchbares Resultat zu erhalten, musste die Energie stark erhöht werden. Im Vergleich der Ergebnisse der verschiedenen Techniken war die Auflösung des handgeführten Scanners etwas höher als die des CT-Scans. Trotzdem kamen die CT-Modelle gelegen, um innenliegende Bereiche – etwa im Maul der Bronze-Figur – abzubilden, wo der 3D-Scanner keine zufriedenstellenden Resultate lieferte. Der Mix aus beiden Verfahrensweisen hat letztlich zu einem vollständigen und exakten digitalen Modell des Pantherweibchens geführt.
Der zeitlich aufwendigste Teil der Arbeit bestand im Zusammensetzen der einzelnen Scans zu einem kompletten 3D-Modell und in der Aufbereitung der Daten für den 3D-Druck. In verschiedenen Aufnahmen hatte der Scanner das Objekt abgetastet und dabei die Position einer Vielzahl von Punkten im Raum aufgezeichnet, die in der Summe eine dichte Punktwolke hervorbrachten. Obwohl die Messwerte noch nicht aufbereitet waren, sah das Zwischenergebnis am Bildschirm bereits fast wie eine zusammenhängende Oberfläche aus. Jeweils drei der Messpunkte konnten in der Software automatisiert miteinander verbunden werden, woraus sich ein Polygonmodell ergab, das aus Hundertausenden von Dreiecken bestand. Die daraus resultierenden einzelnen Scan-Fragmente richtete der Laboringenieur aneinander aus und fügte sie schließlich zu einer geschlossenen „wasserdichten" Geometrie zusammen. Zudem galt es, kleine Löcher und Fehlstellen im virtuellen Panther nachzuarbeiten. Danach war das digital erstellte Modell bereit für die Fertigung und die Replik konnte im Laser-Sinter-Verfahren aus Polyamid hergestellt werden. Dabei wurde die Form in hauchdünne Querschnitte unterteilt, damit sie die Anlage anschließend aus vielen einzelnen Pulverschichten mit einem Laser verschmelzen konnte, bis schließlich der gesamte Panther in dem Kunststoff aufgebaut war.
Nach dem 3D-Druck war die Replik allerdings noch weiß. Um nicht nur die Form sondern auch die farbliche Anmutung des originalen Pantherweibchens nachzuempfinden, wurde das Polyamid-Modell von Thomas Flanderka, einem Vergoldermeister und Restaurator aus München farbig gefasst. Seine Aufgabe bestand darin, auf dem Kunststoff die in Grüntönen changierende Färbung nachzubilden, für die am Bronze-Original eine Sulfidierung auf der metallischen Oberfläche der Statuette verantwortlich ist. Um dies zu erreichen, grundierte er das Kunststoff-Modell zuerst mit Acryl und Kreide, um so die Artefakte des 3D-Drucks auszugleichen und näher an die Oberflächenbeschaffenheit des antiken Stücks heranzukommen. Damit das Licht in etwa so reflektiert wird, wie beim Original, trug er als zweite Schicht messingfarbenes eloxiertes Aluminium auf, um den Tiefenglanz und den Charakter des Metalls zu imitieren. Mit in flüssigem Acryl gelösten Pigmenten wurden schließlich mehrere grünlich, bräunliche Lasurschichten aufgemalt und aufgestupft. Am Ende stand ein Ergebnis, das dem echten Figürchen zum Verwechseln ähnlichsah.
Was noch fehlte, war die Bodenplatte für die Statuette. Die Firma Stein Riedl aus Bernried fertigte sie anhand einer technischen Zeichnung des 3D-Labors an. Zur Verwendung kam hierfür der Naturstein "Schwarzer Schwede", der in Polen und Schweden gewonnen wird. Nachdem die Platte zusätzlich mit einem schwarzen Poliermittel bearbeitet war, ergab sich ein im Einklang mit der Replik ein zufriedenstellendes harmonisches Bild, das dem Aussehen des nachzubildenden Sockels sehr nahe kam.
"Mit der kleinen Replik ist unserem 3D-Labor erneut ein spannendes Werk geglückt", freut sich Prof. Joerg Maxzin. "Wie zuletzt bei der vielbeachteten Rekonstruktion der Lukas-Figur aus der Münchener Theatinerkirche gelang es uns erneut, aktuelle 3D-Techniken in den Dienst der Denkmalpflege zu stellen. Waren Abgüsse von Skulpturen bislang nur durch aufwendige Silikon-Formen möglich, die mit unzähligen Risiken und Nachteilen für die Originale behaftet waren, so eröffnen die neuen Methoden ungeahnte Möglichkeiten", so Prof. Maxzin. Heute könne berührungsfrei an Kulturerbe gearbeitet werden und die 3D-Daten böten neben vielfältigen Möglichkeiten der Präsentation und Archivierung auch unzählige spannende Optionen für die Fertigung.
Beim Bau des "Casinos" auf der Roseninsel im Starnberger See wurden im 19. Jahrhundert einige Scherben und Fibeln gefunden, die später zusammen mit der Statuette des Pantherweibchens ausgestellt wurden. Nach Ansicht der Archäologischen Staatssammlung darf allerdings bezweifelt werden, dass es sich bei dem Pantherweibchen um einen Bodenfund von der Roseninsel handelt, auch wenn es zur Ausstellung als solcher ausgegeben wurde. Man hatte es wohl eher zur Aufwertung der übrigen Stücke dazugestellt. Wahrscheinlich stammt die sehr gut erhaltene Miniatur ursprünglich aus Unteritalien und wird nach heutigem Kenntnisstand auf das 1. Jahrhundert nach Christus datiert. Sie gehörte möglicherweise zu einer Statue des römischen Weingottes Bacchus, der häufig mit einem Panther dargestellt wurde.
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