Schiffstaufe für Bissula

Mehr als zwei Jahre lang arbeitete ein Team der Universität Trier am Nachbau eines römischen Handelsschiffs vom Typ Laurons 2. Heute wurde es von Ministerpräsidentin Malu Dreyer feierlich auf den Namen »Bissula« getauft und kann damit nun seine wissenschaftliche Mission antreten. Das 16 Meter lange Schiff soll zur schwimmenden Forschungsstation werden und den Vergleich von Computersimulationen mit realen Messfahrten ermöglichen.

Schiffstaufe
Das frisch auf den Namen »Bissula« getaufte rekonstruierte römische Handelsschiff ist bereit für den Einsatz im Dienst der Wissenschaft. (v.l.n.r.: Prof. Dr. Dorit Schumann, Prof. Dr. Michael Jäckel, Malu Dreyer, Prof. Dr. Christoph Schäfer, Wolfram Leibe) Foto: Universität Trier

In den vergangenen Jahren hat sich die Universität Trier zu einem führenden Standort für experimentelle Archäologie entwickelt. Das bislang spektakulärste Projekt dieser Forschungsrichtung ist der originalgetreue Nachbau eines 16 Meter langen römischen Handelsschiffs. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat es heute in Trier auf den Namen »Bissula« getauft, die Geliebte des römischen Dichters Ausonius. 

Althistoriker Prof. Dr. Christoph Schäfer ist die treibende Kraft hinter den Rekonstruktionen antiker Vorbilder. Unter seiner wissenschaftlichen Leitung sind bereits römische Feldgeschütze und drei römische Militärschiffe wiedererschaffen und wissenschaftlich untersucht worden. Ein wichtiger Bestandteil des nun fertiggestellten Nachbaus eines Handelsschiffs vom Typ Laurons 2 ist die Kooperation mit Michael Hoffmann und Prof. Dr. Ing. Karl Hofmann-von Kap-herr vom Fachbereich Technik der Hochschule Trier. 

Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Taufpatin für Laurons 2, bezeichnete es als Leuchtturmprojekt der Wissenschaftsallianz Trier. »Es ist ein treffendes Sinnbild für die besonderen Qualitäten der Stadt Trier und der gesamten Region. Die Realisierung des Projekts bestätigt auf eindrucksvolle Weise, dass wir in Trier einen leistungs- und innovationsstarken Wissenschaftsstandort haben, der durch das Projekt noch einmal nachhaltig gestärkt wird«, sagte sie. Zum anderen unterstreiche das Projekt erneut die Bedeutung der Stadt als Zentrum der Antike. »Mich persönlich beeindruckt neben den historischen Aspekten vor allem, dass Studierende der Universität und weitere Helfer und Helferinnen auch ehrenamtlich sehr viel Zeit in das Projekt investiert haben. Es ist toll, mit welcher Einsatzbereitschaft sie sich einbringen. Das verdient Anerkennung und dafür möchte ich mich bei ihnen sowie bei allen anderen Verantwortlichen und Beteiligten ausdrücklich bedanken.« 

Für den Wissenschaftsstandort Trier und das Transmare-Institut an der Universität Trier ist das Projekt von besonderer Bedeutung. In Transmare haben sich über 20 Wissenschaftler zusammengeschlossen, um gemeinsam Forschung maritimer Art von der Antike bis ins 21. Jahrhundert zu betreiben. Dabei geht es um den Transfer von Menschen, Gütern und Ideen sowohl aus kultur- wie wirtschaftsgeschichtlicher Perspektive von der Antike bis heute. 

»Für alle Beteiligten war es ein 'duales Studium' der besonderen Art an einem besonderen Ort. Theorie und Praxis haben sich in der gesamten Rekonstruktionsphase des Schiffs die Hand gegeben. Entstanden ist ein Vorzeigeobjekt, das nun zu einer schwimmenden Forschungsstation wird. Das nenne ich moderne Altertumswissenschaft«, sagte Prof. Dr. Michael Jäckel, Präsident der Universität Trier.

Die »Bissula« soll dabei helfen, mehr über die Wirtschaftsgeschichte der römischen Kaiserzeit zu erfahren. Ohne den Seehandel hätte das römische Imperium nicht existieren können. Getreide, Olivenöl, Wein oder andere Massengüter mussten über weite Strecken auf Mittelmeer, Atlantik oder Nordsee transportiert werden, um die dortige Bevölkerung zu versorgen. Historiker stehen vor dem Dilemma, lediglich über wenige überlieferte Informationen zum Seehandel zu verfügen. Die anstehenden Messungen und Datenerhebungen mit der seegängigen »Bissula« sollen daher belastbare Rückschlüsse auf das Potential und die Intensität der römischen Handelsschifffahrt und des Seehandels erbringen. »Darüber lassen sich höchst aufschlussreiche Globalisierungsphänomene entdecken, die uns helfen können, die Globalisierung heute besser zu verstehen«, erklärt Prof. Dr. Christoph Schäfer. 

Auf der Basis gut erhaltener Funde mehrerer römischer Schiffe an der französischen Küste bei Laurons haben Maschinenbauer der Hochschule Trier ein digitales dreidimensionales Modell erstellt. Damit können Simulationen und Berechnungen durchgeführt und mit Daten verglichen werden, die sich bei den realen Messfahrten mit der »Bissula« ergeben. Letztlich soll der Abgleich dieser beiden Messvarianten zeigen, inwieweit digitale Modelle künftig aufwendige Nachbauten ersetzen können. 
»Für die 3D-Rekonstruktion, die numerischen und Virtual Reality Simulationen setzen wir in diesem Projekt Technologien, Software und Methoden ein, die in der heutigen Automobil-, der Luftfahrt- und auch der Schifffahrtindustrie zum Einsatz kommen. Diese Technologien können natürlich auch historische Fragestellungen vorantreiben, denn sicher wird man nicht tausende Schiffswracks im Nachbau rekonstruieren können«, so Michael Hoffmann von der Hochschule Trier. 

»Dieses Projekt zeigt erneut, dass Trier prädestiniert ist für eine Wissenschaftsallianz zwischen der Universität Trier und der Hochschule Trier. Wir sind als Hochschule stolz, unseren Beitrag zum Erfolg dieses Projektes beizutragen«, sagte Claudia Hornig, Kanzlerin der Hochschule Trier.

Bei der nun anstehenden wissenschaftlichen Mission der Bissula werden Prof. Dr. Christoph Schäfer und Prof. Dr. Karl Hofmann-von Kap-herr von der Hochschule Trier in erprobter Zusammenarbeit mit modernsten nautischen Instrumenten Messungen zur Leistungsfähigkeit derartiger Handelsschiffe durchführen. Den Fahrten auf der Mosel könnten weitere Tests auf hoher See folgen. 

Zum Projekt

Die 1:1-Rekonstruktion des römischen Handelsschiffes unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Schäfer begann im Frühjahr 2016 mit dem Fällen geeigneter Bäume. Nach einer einjährigen Trocknungszeit begann der Schiffsbau, für den Studierende der Universität und weitere Helfer unzählige ehrenamtliche Arbeitsstunden leisteten. Anleiter waren ein spezialisierter Bootsbaumeister und erfahrene Bauleiter. Den Studierenden eröffneten sich Bezüge zur handwerklichen Praxis und tiefere Einblicke in die Leistungen der antiken Handwerker. Nach knapp zweijähriger Bauzeit wurde das Schiff Anfang Juni von der Baustelle auf dem Campus der Universität zum Liegeplatz des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Trier transportiert. Nun folgen Mess- und Testfahrten der Bissula - zunächst auf der Mosel, später möglicherweise auch auf See. Hauptförderer des Projekts sind die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Nikolaus Koch Stiftung.

Zum Namen des Schiffs

Die Alemannin Bissula kam im Jahr 368 bei einem Feldzug in römische Kriegsgefangenschaft. Sie wurde Sklavin des in Trier als Prinzenerzieher tätigen Dichters Decimus Magnus Ausonius. Er verliebte sich in Bissula und setzte ihr in dem Gedicht »de Bissula« ein literarisches Denkmal.

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