Römische »Kaiserthermen« in Baden-Baden erstmals seit über 180 Jahren freigelegt

Erstmals seit über 180 Jahren wurden die Ruinen der römischen »Kaiserthermen« unter dem Marktplatz von Baden-Baden freigelegt und archäologisch untersucht. Die Entdeckungen liefern wertvolle Einblicke in die Struktur und den Erhaltungszustand der Badeanlage aus dem 1. Jahrhundert nach Christus.

Überreste von Badeluxus
Überreste von Badeluxus: Zwischenwand mit Estrichschichten (links im Bild), einem Rest der Marmorverkleidung am Boden-Wand-Übergang und abgerundeter Ecke des Badebeckens mit Stufen. Das Rohr und die Verfüllung darüber sind modern. Foto: LAD, Sarah Roth

Die sogenannten "Kaiserthermen", deren Ruinen heute unter dem Marktplatz und der Stiftskirche von Baden-Baden liegen, sind eine der größten und aufwändigsten gestalteten Badeanlagen römischer Zeit in Baden-Württemberg. Sie entstanden vermutlich in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts nach Christus direkt an den heißen Quellen des Florentinerbergs. Im Zuge von Kanalsanierungen im vergangenen Herbst konnten die Ruinen von der Fachfirma ArchaeoConnect archäologisch untersucht werden. Fachlich begleitet wurden die Arbeiten vom Landesamt für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart. Zuletzt waren die nun geöffneten Bereiche vor mehr als 180 Jahren untersucht worden.

Damals waren mehrere Räume mit Thermalwasserbecken freigelegt worden. Nach 1849 gab es nur noch wenige und kleinräumige archäologische Untersuchungen an der Therme. "2024 war es durch den notwendigen Austausch von Wasserleitungen im Bereich des Marktplatzes erstmals wieder möglich, auf dem Areal der Kaiserthermen archäologische Einblicke in aussagekräftigem Umfang zu bekommen", berichtet Sarah Roth, die für die Ausgrabung zuständige Archäologin vom LAD. "Es ergaben sich auf zirka 50 Quadratmetern wichtige Erkenntnisse zum Erhaltungszustand der Ruine, aber auch neue Informationen zu ihrer Struktur."

In den geöffneten Bereichen wurden zirka einen Meter unter dem Pflaster des heutigen Marktplatzes römerzeitliche Mauerzüge festgestellt. Darunter auch solche, die in den Grundrissplänen der ersten Ausgräber nicht verzeichnet waren. "Sogenannte Hypokaustziegel weisen auf einen Raum mit Unterbodenheizung", berichtet Roth. Zusätzlich konnte ein Ausschnitt des größten bekannten Raumes mit Badebecken untersucht werden: Hier hatten sich mehrphasige Estrichschichten auf Wand und Boden erhalten. Die wertvolle Marmorverkleidung war ausgebrochen, sie fand sich nur noch in letzten Resten – unter anderem an drei Stufen, über die Badegäste vor fast 2000 Jahren in das heiße Thermalwasser stiegen.

"Die Untersuchungen waren zwar kleinräumig, aber dennoch die umfangreichsten seit über fünfzig Jahren und die ersten modern dokumentierten an den Kaiserthermen überhaupt", so Roth. "Einige Bereiche wurden zum ersten Mal seit 1849 mit archäologischer Begleitung aufgedeckt. Was von der Therme an dieser Stelle in welchem Zustand überhaupt noch erhalten war, war bislang völlig offen."

Neben neuen Details zu dem römischen Bauwerk zeigen die Untersuchungen auch massive Schäden an der Ruine, die Bodeneingriffe in der Vergangenheit anrichteten. "Vor allem der Bau einer verzweigten Stollenanlage im späten 19. Jahrhundert und das Verlegen von Kanälen und Leitungen in den letzten Jahrzehnten beschädigte und reduzierte die Bausubstanz der Kaiserthermen unter dem Marktplatz immer wieder", sagte Roth. "Auch wenn die Kaiserthermen heute oberirdisch unsichtbar sind, stellen sie in Baden-Baden die erste nachweisbare Thermalquellennutzung durch den Menschen dar. Damit legen sie den Grundstein für eine besondere Entwicklung des Platzes, der seit 2021 zum UNESCO-Welterbe der Menschheit zählt."

Antike Mauerzüge und Ziegel der römischen Heizung
Blick auf die antiken Mauerzüge und Ziegel der römischen Unterbodenheizung, darüber moderne Verfüllungen und eine Betonplatte. Der Schnitt endet an einem modernen Thermalwasserschacht. Im Hintergrund der Marktplatz mit Stiftskirche. Foto: LAD, Sarah Roth
Römische Bausubstanz
Kanal- und Leitungsarbeiten der letzten Jahrzehnte haben an der römischen Bausubstanz (vorne im Bild) erhebliche Schäden verursacht. Foto: LAD, Sarah Roth
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