Neandertaler lebten in der Eifel

 

Bassenheim - Das Fenster zum Leben der Neandertaler vor mehr als 120 000 Jahren ist 50 Quadratmeter groß. Auf dieser Fläche im Krater des erloschenen Vulkans Schweinskopf in der Osteifel graben Archäologen seit vergangenem Jahr Spuren dieser Urmenschen aus. «Es gibt nur ganz wenige bekannte menschliche Siedlungsplätze der Frühphase der vorletzten Eiszeit, die so weit nördlich liegen», erklärt der Koblenzer Archäologe Axel von Berg.

 

 

In den nicht mehr aktiven Vulkanen der Eifel konnten die Neandertaler vor 120 000 bis 200 000 Jahren Schutz vor eisigen Winden finden, als in dem Mittelgebirge ein Klima wie heute in Lappland herrschte. Das lebensnotwendige Wasser sammelte sich in den Kratern. Deren Ränder boten eine gute Aussicht auf die Steppe für die Jagd auf fünf Meter lange Nashörner und auf Urrinder.

Von Berg vermutet, dass auf dem mehr als 200 000 Jahre alten Schweinskopf bei Bassenheim (Kreis Mayen-Koblenz) bis zu 20 Neandertaler zugleich in mehreren Tierhautzelten gesiedelt haben. Die Wissenschaft schätzt die Zahl der auf der Erde jeweils gleichzeitig lebenden Neandertaler auf nicht viel höher als einige tausend.

Mehrere hundert Funde haben Archäologen im Schweinskopf-Krater mit einem Durchmesser von rund 100 Metern bereits gemacht. Dazu zählen nicht nur Knochen von etlichen Nashörnern sowie einigen Pferden und Urrindern. Freigelegt wurden auch Steinwerkzeuge wie Schaber, Faustkeile und messerähnliche Gegenstände zur Bearbeitung der Jagdbeute. Sie zeigen, dass der Neandertaler keineswegs ein Keulen schwingender Primitivling war.

«Einige der Werkzeuge sind aus Feuerstein, der erst in etwa 100 Kilometern Entfernung vorkommt», erklärt von Berg, der im Koblenzer Amt für Archäologie des Landes Rheinland-Pfalz arbeitet. «Das beweist, dass die Neandertaler viel gewandert sind.»

Die Ablagerungen von jüngeren Vulkanausbrüchen der Umgebung haben die Siedlungsreste der frühen Menschen im Schweinskopf-Krater ideal konserviert. «Diese verschiedenen Schichten bilden auch einzigartige Zeitmarken, mit denen wir das Alter der Funde gut bestimmen können», sagt der Fachmann.

Auf vier übereinander liegenden Ebenen im Boden haben die Archäologen hier Neandertaler-Spuren aus unterschiedlichen Epochen gefunden. «Derzeit graben wir in der Zeit von vor 160 000 bis 180 000 Jahren», erläutert von Berg. Bis Ende des Jahres soll auch die Erforschung der fünften und untersten Schicht von Siedlungsresten mit einem Alter von 200 000 Jahren abgeschlossen sein. Die Funde werden eingehend untersucht, wissenschaftlich ausgewertet und dann im Koblenzer Amt für Archäologie konserviert.

Der Neandertaler erhielt seinen Namen nach den 1856 im Neandertal bei Düsseldorf entdeckten Knochenresten eines so genannten Altmenschen. Bislang wurden in Europa und im Nahen Osten Teile von rund 300 Neandertaler-Skeletten gefunden. Viele Wissenschaftler nehmen mittlerweile an, dass der «Homo neanderthalensis» vor etwa 30 000 Jahren als eine Seitenlinie der Evolution ausstarb und kein direkter Vorfahr des heutigen Menschen ist. Dafür wird vielmehr der zuerst in Afrika nachweisbare «Homo sapiens» gehalten. Seit 1997 stützt die DNA-Analyse eines Neandertaler-Knochens diese These.

Im Unterschied zum modernen Menschen besaß der «Homo neanderthalensis» eine gedrungene, kräftige Körpergestalt, einen flach gewölbten Schädel, große Wülste über den Augen sowie einen Unterkiefer ohne vorspringendes Kinn. (dpa)

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