Muss die Münchner Stadtgeschichte umgeschrieben werden?

Archäologen haben einen neuen historischen Siedlungskern in München entdeckt

Archäologische Siedlungsreste, die bei Bauarbeiten zutage kamen, belegen einen bislang unbekannten mittelalterlichen Siedlungskern in der Münchner Altstadt. Bisher wurde als Datum der Stadtgründung das Jahr der ersten urkundlichen Erwähnung 1158 angenommen.

Keramikfunde aus München
Keramik aus acht Jahrhunderten (11.-19. Jh.) wurde bei den Ausgrabungen in der Münchner Hochbrückenstraße gefunden. Foto: BLfD

Auch die seit Jahren intensiv betriebene Stadtkernarchäologie lieferte nur wenige Spuren älterer Bauten. Die nun gefundenen Reste von Holzbauten, Ofenanlagen und Keramik aber lassen sich nach ersten Auswertungen bereits in das 11. bzw. frühe 12. Jahrhundert datieren. Die neuen archäologischen Funde bezeugen die intensive Nutzung des Fundplatzes schon vor der Mitte des 12. Jahrhunderts. Sie gehören zu den ältesten mittelalterlichen Objekten, die in der Münchner Altstadt gefunden wurden. 

»Die Auswertung der Funde wirft ein völlig neues Licht auf die Münchner Stadtgeschichte«, so Generalkonservator Prof. Dipl.-Ing. Mathias Pfeil, Leiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. »Niemand hat bisher vermutet, dass sich auf einem Gebiet außerhalb der später gebauten Stadtmauern bereits so früh öffentliches Leben abspielte.«

Die entdeckten Siedlungsreste befanden sich auf halbem Weg vom ca. 300 Meter westlich liegenden Alten Hof, der bislang als Kern der Münchner Stadtentwicklung gelten musste, zur etwa 400 Meter östlich verlaufenden Isar. Auf einer Fläche von etwa 150 m² in der Hochbrückenstraße wurden die Funde bereits 2020 entdeckt, nun liegt der Grabungsbericht mit der Auswertung vor. Vor allem die zahlreich vorhandene Keramik übertrifft alles, was bisher bei anderen Grabungen im Bereich der Altstadt gefunden wurde. Nur vereinzelt gab es dort bisher Funde aus vorwittelsbachischer Zeit. Über die mittelalterliche Entwicklung dieses Quartiers war archäologisch bisher nichts bekannt, da das Gebiet unter einer Aufschüttung für die barocke Stadtbefestigung verborgen blieb und später durch Wohn- und Geschäftshäuser bebaut wurde. 

Die Funde zeigen, dass die Siedlung mindestens bis in das 14. Jh. hinein bestand. Nach dem Bau der Stadtmauern im 13. Jh. blieb sie wohl eine typische Vorstadtsiedlung. Möglicherweise wurden dort feuergefährliche Gewerke wie die Metallverarbeitung betrieben. Die weitere Auswertung der Funde wird im Rahmen des langfristig für die archäologischen Ausgrabungen im Stadtgebiet München ins Leben gerufenen Projekts Archäologie München erfolgen. 

Ausgrabung in München
Das Grabungsgelände in der Münchner Hochbrückenstraße. Foto: BLfD
Verziertes Bügelfragment einer Kanne
Fragment einer mittelalterlichen Bügelkanne (um 1200). Foto: BLfD
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