Mittels Virtual Reality in die Welt der Himmelsscheibe eintauchen
Während die Himmelsscheibe von Nebra, neben anderen bedeutenden Funden aus Sachsen-Anhalt, noch bis zum 17. Juli 2022 in der Ausstellung »The world of Stonehenge« im British Museum in London zu sehen ist, können Besucherinnen und Besucher des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle (Saale) seit dem 24. März 2022 einen überraschend neuen, eindrucksvollen Blick in die Welt der Himmelsscheibe werfen. Dank der Unterstützung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) sowie das Land Sachsen-Anhalt im Rahmen des Projektes »UNESCO – Memory of the World: Kontextualisiertes Erleben der Himmelsscheibe von Nebra. Schätze der Menschheit im Spannungsfeld zwischen archäologischen Originalschauplätzen und digitaler Welt« konnte ein VR-Kunstprojekt umgesetzt werden, das mittels Virtual Reality ein Eintauchen in die Welt der Himmelsscheibe ermöglicht.
Mit Hilfe einer VR-Brille können Besucherinnen und Besucher eine etwa zehnminütige Kunstanimation genießen. Sie führt sie auf den Mittelberg bei Nebra, den Fundort der Himmelsscheibe, und lässt sie auf einem goldenen Sonnenschiff über den Horizont gleiten. In dieser virtuellen, mit künstlerischen Mitteln in Szene gesetzten Welt können verschiedenste Orte bereist werden, die mit der Himmelsscheibe von Nebra verknüpft sind: die Herkunftsorte der Rohstoffe, aus denen dieser archäologische Jahrhundertfund einst gefertigt wurde, das Ringheiligtum Pömmelte mit seiner bronzezeitlichen Siedlung, das Sonnenobservatorium Goseck während der Wintersonnenwende und Stonehenge bei Sonnenaufgang zur Sommersonnenwende. In der Museumswelt bislang einzigartig ist die Anzahl und Vielfalt der Szenen, durch die die Reise führt, und die damit einhergehende Komplexität der VR-Animation.
Die Kombination von moderner Technologie und künstlerischer Darstellung ermöglicht einen emotionalen Zugang zum prähistorischen Weltbild und macht auf eindrucksvolle Weise deutlich, dass die Anlagen von Goseck, Pömmelte und Stonehenge ebenso wie die Himmelsscheibe von Nebra Bestandteile eines ganz Europa umspannenden Handels- und Symbolsystems waren. Dabei steht nicht die Informationsvermittlung im Vordergrund, sondern der besondere audiovisuelle Zugang und das virtuelle Eintauchen in eine faszinierende vergangene und dennoch überraschend vernetzte Welt.
Zugleich stellt die Installation ein gewissermaßen begehbares Kunstwerk des österreichisch-britischen Künstlers Dr. Frederick Baker dar. Frederick Baker studierte Anthropologie und Archäologie am St John's College in Cambridge, an der Eberhard Karls Universität Tübingen und an der Universität Sheffield. Im Anschluss promovierte und arbeitete er am Archäologischen Institut der Cambridge University. Baker machte sich vor allem durch sein filmisches Werk einen Namen. Er arbeitete als freier Regisseur für ORF und BBC und gewann diverse internationale Regiepreise. Zudem ist er Autor zahlreicher Artikel und Bücher. Seine Arbeiten beschäftigen sich oft mit historischen und archäologischen Themen. Insbesondere seine VR-Animationen stießen auf reges Interesse und wurden mehrfach ausgezeichnet. Für das »Prehistoric Picture Project. Pitoti: Digital Rock-Art« erhielt er unter anderem den Europa Nostra Award 2016 (EU-Preis für Cultural Heritage) in der Kategorie »Forschung«. Darüber hinaus wird seit 2018 – derzeit unterbrochen aufgrund der COVID 19-Pandemie – im MAK – Museum für angewandte Kunst in Wien sein vielbeachtetes virtuelles Kunstprojekt »Klimt's Magic Garden: A Virtual Reality Experience« gezeigt. Es ermöglicht den Besuchern, mittels VR-Brille interaktiv in die Welt des Mosaikfrieses im Brüsseler Palais Stoclet einzutauchen und ist die bislang erfolgreichste Schau dieses Museums. Für das Landesmuseum für Vorgeschichte übertrug Frederick Baker das Umfeld der Himmelsscheibe künstlerisch in eine Welt der Virtual Reality.
Aufgrund seines überraschenden Todes im August 2020 konnte Frederick Baker die Umsetzung des Kunstprojektes »Die Himmelsscheibe von Nebra – eine virtuelle Reise« nicht bis zur Fertigstellung begleiten. Seine Frau, die Dramaturgin Sandra Fasolt-Baker, führte dankenswerterweise das Projekt in Zusammenarbeit mit Michael Klein von der Firma 7reasons aus Wien zu Ende. Das Ergebnis ist ein eindrucksvolles und faszinierendes audiovisuelles Erlebnis.
Hiervon zeigte sich auch Staatsminister Rainer Robra, Chef der Staatskanzlei und Minister für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt, beeindruckt: »Die VR-Präsentation bietet den Besuchern eine ganz neue Erfahrungsebene. Die Welt der Himmelsscheibe von Nebra lässt sich auf beeindruckende Weise erschließen. Kopf und Gefühl werden gleichermaßen angesprochen. Das Landesmuseum für Vorgeschichte hat mit dieser Installation einmal mehr bewiesen, dass es ein Gespür für richtungsweisende Wissensvermittlung hat. Der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien Claudia Roth danke ich für die Unterstützung des Projektes«.
Der Präsident des Landtags von Sachsen-Anhalt, Dr. Gunnar Schellenberger, fügte hinzu: »Die virtuelle Reise führt uns innerhalb eines Wimpernschlags vom Ursprung der Rohstoffe der Himmelsscheibe im Inneren eines Bergstollens bis in den Weltraum, von Stonehenge nach Pömmelte. Dies ist ebenso faszinierend wie die Tatsache, dass die Animation uns mit künstlerischen Mitteln vor Augen führt, wie überraschend nah uns Heutigen die Menschen der Bronzezeit sind«. Die virtuelle Reise in die Welt der Himmelsscheibe kann seit dem 24. März 2022 mit Hilfe von zwei VR-Brillen in einem separaten Raum des Landesmuseums für Vorgeschichte zu den regulären Öffnungszeiten angetreten werden und ist im Eintrittspreis enthalten.
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