Mehr als 2.000 Jahre im Salz konserviert
Prof. Dr. Thomas Stöllner, Archäologe an der Ruhr-Universität Bochum und Koordinator des Forschungsvorhabens, berichtet im Wissenschaftsmagazin Rubin über die Arbeit. Am Ort des Bergwerks Douzlākh, wo auch im 21. Jahrhundert noch Steinsalz abgebaut wurde, gab es bereits 700 vor Christus ein Bergwerk, das kontinuierlich bis 400 nach Christus betrieben wurde. »Teile des alten Bergwerks sind von oben zugänglich, das bietet einmalige Erkenntnischancen«, sagt Thomas Stöllner.
Neben den Mumien fanden die Forscher viele gut erhaltene Kleidungsstücke, Gefäße – teils noch mit Nahrungsmittelresten – und Holzgeräte. Laut offizieller Zählung wurden sechs Leichen aus dem alten Bergwerk geborgen; aber das Projektteam ermittelte bereits, dass noch Teile von zwei weiteren Toten in den Funden enthalten sind.
Unglück an der Fundstelle nachvollziehbar
Mindestens drei Unglücke müssen sich nach Rekonstruktionen der Forscher aus Bochum und Oxford im Bergwerk ereignet haben. Zwischen 405 und 380 vor Christus stürzten Teile des Bergwerks ein, möglicherweise ausgelöst durch ein Erdbeben. Einen weiteren Verbruch gab es um 300 nach Christus, einen dritten im 5. bis 6. Jahrhundert nach Christus.
Der laut Stöllner spektakulärste Fund ist die sogenannte Mumie Nummer vier: ein 15- bis 16-jähriger Junge aus der Achämenidenzeit, also aus der Zeit des ersten persischen Großreichs, der bei dem ersten Verbruch im Bergwerk ums Leben kann. An der Grabungsstelle konnten die Forscher das Unglück detailliert nachvollziehen, unter anderem die Salzblöcke identifizieren, die den Jungen erschlagen haben.
Die im Salz eingelagerten Körper sind zwar etwas geschrumpft, aber es sind alle Organe erhalten. »Es ist quasi so, als wären sie gestern verstorben«, erklärt Stöllner. Anhand von dreidimensionalen tomografischen Scans aus einem Krankenhaus in Teheran rekonstruierten Forscher aus Zürich im Rahmen des Projekts das Innere der Körper. Die Bilder zeigen zum Beispiel Brüche in Schädel und Thorax des jungen Arbeiters und seine aufgeplatzten inneren Organe.
Herkunft des Toten bestimmbar
Über den Jungen hat das Projektteam mittlerweile noch viel mehr herausbekommen. »Wir wissen, dass es ein gut genährter junger Mann war, der vermutlich aus Zentralasien oder vom Kaspischen Meer kam«, erklärt Stöllner. Die Herkunft untersuchen die Wissenschaftler mit Isotopenanalysen zusammen mit der Universität Oxford. Isotope sind unterschiedlich schwere Formen eines chemischen Elements, bei denen die Anzahl von Neutronen im Atomkern variiert. Bestimmte Sauerstoff- und Stickstoffisotope geben Hinweise auf die Ernährung eines Menschen, die für eine Region in der Welt typisch sein kann – im Fall des Jungen für das Kaspische Meer oder Zentralasien.
Überraschend sei es nicht, dass Fremde in der Mine tätig waren, sagt Thomas Stöllner. »Das Archämenidenreich war riesengroß. Aus schriftlichen Quellen wissen wir, dass es Beziehungen in alle Reichsteile und eine hohe Mobilität gab – so wie in der EU heute auch«, erklärt er.
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