Herner Motte geht nach Neuenrade
Am gestrigen Donnerstag, den 13.1.2011, begann der Abbau, der voraussichtlich bis Ende Januar dauern wird. Wann die Rekonstruktion einer so genannten mittelalterlichen Motte in Neuenrade wieder 25 Meter in den Himmel ragt, steht noch nicht fest. "Wir freuen uns sehr über die neue Motte, weil wir historischer Standort einer solchen Burg waren", sagte Neuenrades Bürgermeister Klaus Peter Sasse. "Als neue Heimat der Motte kommt ein Platz nahe dem Original-Bodendenkmal in Betracht. Wir sind davon überzeugt, dass dieses Objekt eine einmalige Chance bietet, mittelalterliche Geschichte in all ihren Facetten wieder lebendig werden zu lassen." Dr. Barbara Rüschoff-Thale, Kulturdezernentin des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) beglückwünschte die märkische Stadt zu der Initiative: "Was in Herne über 166.000 Museumsbesucher lockte, wird sicher auch in Neuenrade ein Anziehungspunkt werden."
Die Motte wird fachmännisch zerlegt, in der Reihenfolge des Aufbaus abgebaut, auf Lkw zum neuen Standort transportiert und dort bis zum endgültigen Aufbau zwischengelagert. Die Arbeiten übernimmt ein Neuenrader/Küntroper Zimmereiunternehmen, das Erfahrung in der Planung und Errichtung von Holz-Fertighäusern hat. Die Kosten werden nach Angaben von Sasse größtenteils durch Spenden aufgebracht.
Motten prägten wesentlich das Erscheinungsbild der dichten Burgenlandschaft in der Region. Doch keine einzige ist erhalten geblieben. Auch zeitgenössische Abbildungen existieren kaum. Erkenntnisse liefern vor allem noch bestehende Hügel und Spuren im Boden. Die LWL-Archäologen versuchten unter anderem herauszufinden, wie die Holzburgen auf heutigem deutschen Boden aussahen.
Um den wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht zu werden, trugen die Ausstellungmacher Forschungsergebnisse über Mottenbauten aus ganz Deutschland zusammen. Auf deren Grundlage entwickelten sie den Idealtypus eines Wohnturms mit Hügel, der mit seinen insgesamt 25 Metern Höhe Besuchern den Weg zur Ausstellung über Ritter, Burgen und Intrigen wies.
Nur wenige Kilometer östlich der einstigen märkischen Grenzfeste Neuenrade erhebt sich auf einem Wiesengrundstück inmitten der Talsohle des oberen Hönnetals ein mit dichtem Buschwerk bewachsener, von einem Wassergraben umgebener künstlicher Erdhügel, eine sogenannte "Motte". An dieser Stelle befand sich wahrscheinlich schon seit dem 13. Jahrhundert die Wasserburg Gevern, ein befestigter Stützpunkt der Grafen von Arnsberg und Zentrum eines großen wirtschaftlich florierenden Haupthofes, zu dem - neben einer Mühle - eine Reihe stattlicher Güter und deren Kolonnen zählten.
Der Bau dieser Turmhügelburg richtete sich gegen Graf Engelbert III. von der Mark, der - ab 1353 - in eindeutiger Frontstellung gegen Graf Gottfried IV. von Arnsberg - die befestigte Stadt Neuenrade anlegte. Noch vor der sehr wahrscheinlich durch Graf Engelbert persönlich vorgenommenen Überreichung des großen Neuenrader Stadtrechtsbriefes vom 25. Juli 1355 rückte der Märker mit starken militärischen Kräften gegen Arnsberg vor und legte die Turmhügelburg Gevern in Schutt und Asche.
In der Folgezeit scheint es still um den verlassenen Burgplatz geworden zu sein, der ebenso wie das Dorf Gevern mit seinen ausgedehnten Fluren in der Neuenrader Feldmark aufging. 1573 findet die Burg noch einmal Erwähnung. Als die Küntroper aus Fundamentsteinen der Burgruine einen Kalkofen errichteten, griffen die Märker ein und zerstörten ihn.
Wie die Geverner Turmhügelburg ausgesehen haben könnte, wird seit Jahrzehnten - auch in Nichthistoriker-Kreisen - diskutiert. "Erst die anlässlich der Aufruhr-Ausstellung errichtete Turmhügelburg brachte hier neue und überzeugende Erkenntnisse", so Dr. Rolf Dieter Kohl, Vorsitzender des Vereins für Geschichte und Heimatpflege Neuenrade.
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