Führungswechsel beim DAI
Mit Friederike Fless übernimmt eine Klassische Archäologin und erstmals in der Geschichte des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) eine Frau die Leitung eines der weltweit größten archäologischen Forschungsinstitute.
Friederike Fless studierte Klassische Archäologie, Kunstgeschichte und Alte Geschichte in Trier, Würzburg und Mainz. 1992 wurde sie mit einer Arbeit zum Thema „Opferdiener und Kultmusiker auf stadtrömischen historischen Reliefs“ an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz promoviert. Nach ihrer Assistenz am Archäologischen Institut Mainz erhielt sie 1993 das Reisestipendium des DAI. Es folgte eine weitere Assistenz am Institut für Klassische Archäologie in Köln, wo sie sich zum Thema „Überlegungen zu den Formen der Aneignung und der Funktion attisch-rotfiguriger Vasen im 4. Jh. v. Chr.“ habilitierte. Seit 2003 ist Friederike Fless ordentliche Professorin am Institut für Klassische Archäologie der Freien Universität Berlin, wo sie seit 2004 Sprecherin des Interdisziplinären Zentrums Alte Welt sowie seit 2007 des Exzellenzclusters 264 TOPOI ist.
Mit Friederike Fless übernimmt nach Helmut Kyrieleis, Präsident von 1988-2003, wieder eine Klassische Archäologin und erstmals in der Geschichte des DAI eine Frau die Leitung eines der weltweit größten archäologischen Forschungsinstitute. Frau Fless gehört zu den renommiertesten Vertreterinnen ihres Faches, auch im internationalen Maßstab. Sie steht für ein breites Spektrum an Forschungsschwerpunkten, von der archäologischen Feld-forschung bis hin zu ikonographischen und bildwissenschaftlichen Fragestellungen. Besonders charakteristisch ist ihr Interesse am Umfeld archäologischer Befunde und Materialien, an Problemen ethnischer Identitäten, interkultureller Berührungen und räumlicher Gestaltung, einschließlich geoarchäologischer Perspektiven. Hiervon zeugen zahlreiche Publikationen, etwa zum Kontext der griechischen Expansion im Schwarzmeergebiet. In letzter Zeit hat sie ihre methodische Breite und ihre Organisationskraft ganz besonders im Aufbau und in der Leitung des Exzellenzclusters TOPOI unter Beweis gestellt, das sie ganz maßgeblich geprägt hat.
Dem Deutschen Archäologischen Institut ist Friederike Fless schon seit langem sehr eng verbunden: Seit 2004 ist sie korrespondierendes Mitglied, seit 2006 ordentliches Mitglied. 2005 trat Fless außerdem dem wissenschaftlichen Beirat für die Herausgabe des Archäologischen Anzeigers und des Jahrbuches des DAI bei. Vor vier Jahren schließlich wurde sie in die Zentraldirektion des Instituts gewählt. Sie gehört dem Engeren Ausschuss und dem Stipendienausschuss an.
Auf Grund ihrer fachlichen Souveränität, ihres Ansehens auch jenseits der Grenzen ihres Faches sowie ihrer wissenschaftsorganisatorischen Kompetenzen ist die Zentraldirektion des DAI überzeugt, dass sie eine Präsidentin gewählt hat, die – mit ihrer eigenen persönlichen Note – den Kurs des DAI halten wird.
Die Konkretisierung und die weitere Ausgestaltung der übergreifenden Forschungsprojekte innerhalb des DAI wie in der internationalen Kooperation wird dabei eine der Hauptaufgaben der neuen Präsidentin sein.
Das Deutsche Archäologische Institut ist mit einer nahezu einmaligen Infra- und Organisationsstruktur im internationalen Vergleich weltweit führend und die bedeutendste Institution im Bereich globaler archäologischer Grundlagenforschung.
1829 als »Instituto di corrispondenza archeologica« in Rom gegründet, fiel es auf Anregung Otto von Bismarcks, der von der Bedeutung des Instituts für die auswärtige Kulturpolitik überzeugt war, in die Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes.
Mit ca. 250 wissenschaftlichen Mitarbeitern unterhält das Institut mit Hauptsitz in Berlin neunzehn feste Einrichtungen im In- und Ausland. Zunächst konzentriert auf die klassischen Zivilisationen des Mittelmeergebietes, dann auch den Nahen Osten mit einbeziehend, öffnet sich das DAI in jüngster Zeit neuen Kulturkreisen, zuletzt durch die Einrichtung einer Forschungsstelle in Ulanbaatar/Mongolei sowie der Gründung eine Außenstelle in Peking. Es unterhält außerdem Abteilungen in Rom, Athen, Kairo, Istanbul und Madrid sowie Außenstellen in Teheran, Bagdad, Sanaa, und Damaskus. Zudem verfügt es über Forschungsstellen in Lissabon, Amman und Jerusalem.
Herzstück der Forschungsarbeiten sind Ausgrabungen, aktuell rund 100 in 36 Ländern, u.a. an weltberühmten Orten wie dem Kolosseum in Rom, den ägyptischen Pyramiden, den mysteriösen Geoglyphen in Peru oder in Angkor Wat.
Ein solch internationales und interdisziplinäres Netzwerk dient nicht nur wissenschaftlichen Interessen oder dem Ansehen der deutschen Forschung, sondern insbesondere der Erschließung des kulturellen Erbes anderer Länder und trägt damit zu einem nicht unerheblichen Teil zum Dialog und Austausch im Rahmen der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik Deutschlands bei.
Die Möglichkeit an prominenten Stätten der kulturellen Identität anderer Länder zu arbeiten, zeigt das große Vertrauen und das wissenschaftliche Renommee, welches das DAI weltweit genießt.
Vor einigen Jahren hat das DAI sich neu aufgestellt, ohne seine qualitätsvolle Basisarbeit in der Feldforschung zu beeinträchtigen. Es führt deren Ergebnisse vielmehr in speziellen Forschungsclustern zusammen, um große Themen zu behandeln, die für die Entwicklung der Menschheit auf lange Sicht wesentlich sind. Dabei geht es etwa um die Entstehung komplexer Gesellschaften oder um den Zusammenhang von gesellschaftlichen Zuständen und Denkweisen mit technischen Innovationen. Mit dieser Orientierung wird deutlich, wie unerlässlich die Forschungen in vergangenen Kulturen für das Verständnis unserer eigenen Zeit und Welt sind. Denn welcher Mensch hätte nicht gerne Antwort auf die Fragen. Woher kommen wir? Wer sind wir? Antworten darauf sucht auch und gerade die Archäologie.
Das DAI, ein global player auf diesem Felde, geht hier voran. Der Erforschung der Vergangenheit verpflichtet, bewahrt es diese für die Gegenwart und macht ihren Beitrag zu unserem eigenen Leben deutlich. Damit schlägt es Brücken zwischen Zeiten und Kulturen.
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