Fossile Fußabdrücke belegen die Koexistenz zweier ausgestorbener Verwandter des Menschen
Ein internationales Forschungsteam hat eine bahnbrechende Entdeckung gemacht: Fossile Fußabdrücke, die im Norden Kenias gefunden wurden, belegen, dass zwei ausgestorbene Verwandte des Menschen, Homo erectus und Paranthropus boisei, vor etwa 1,5 Millionen Jahren denselben Lebensraum teilten und möglicherweise miteinander interagierten. Diese Erkenntnis liefert wertvolle Hinweise auf die frühe menschliche Evolution und wirft neue Fragen zur Rolle von Konkurrenz und Koexistenz auf.
Fossile Fußabdrücke als Momentaufnahmen
Die Untersuchung wurde von Kevin Hatala, Biologie-Professor an der Chatham University, geleitet und in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht. »Fossile Fußabdrücke sind spannend, weil sie lebendige Momentaufnahmen liefern, die unsere fossilen Verwandten zum Leben erwecken. Anhand solcher Daten können wir sehen, wie sie sich vor Millionen von Jahren in ihrer Umwelt bewegt und möglicherweise miteinander oder sogar mit anderen Tieren interagiert haben«, erklärt Hatala.
Mithilfe modernster 3D-Bildgebungstechnologien konnten die Forscher zwei verschiedene Typen von Fußabdrücken identifizieren. Die Spuren zeigen Unterschiede in Anatomie und Fortbewegung zwischen den beiden Arten. Homo erectus, ein möglicher direkter Vorfahre des modernen Menschen, und Paranthropus boisei, ein Vertreter eines ausgestorbenen Seitenzweigs der menschlichen Evolution, nutzten offenbar denselben Lebensraum, ein Ufergebiet am Turkanasee.
Koexistenz und Konkurrenz
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die beiden Arten eine langanhaltende Koexistenz mit geringer oder neutraler Konkurrenz hatten. »Obwohl sich diese beiden Hominiden in ihrer Anatomie, ihrem Verhalten und der Art, wie sie ihren Lebensraum nutzten, stark unterschieden, fühlten sich beide eindeutig von dieser Uferlandschaft angezogen«, betont Neil Roach von der Harvard University, ein Mitautor der Studie.
Das Forschungsteam weitete seine Analysen auch auf andere bekannte Fundstäten von fossilen Fußabdrücken in der Region aus und fand weitere Belege für das gemeinsame Auftreten beiden Arten an Fundstäten, die einen Zeitraum von bis zu 200.000 Jahren umspannen. Die Daten deuten auf eine geringe bis neutrale Konkurrenz zwischen den beiden Arten hin, was ihre langfristige Koexistenz im frühen Pleistozän ermöglicht haben könnte.
Für diese Zeit und diesen Ort in der menschlichen Evolution - vor etwa 1,5 Millionen Jahren im Turkana- Becken in Kenia - wurde lange Zeit angenommen, dass diese fossilen Menschenarten nebeneinander existierten. Homo erectus, ein möglicher direkter Vorfahre von uns, überlebte danach noch mehr als eine Million Jahre. Der andere, Paranthropus boisei, starb innerhalb weniger hundertausend Jahre aus.
»Möglicherweise haben Klimaveränderungen die Verfügbarkeit von Ressourcen beeinflusst und zum Aussterben von Paranthropus und zum Überleben von Homo geführt«, fügt Hatala hinzu. »Wir hoffen, dass wir durch die Kombination der Informationen aus den fossilen Fußabdrücken mit anderen paläontologischen und archäologischen Daten besser verstehen können, welche Rolle Faktoren wie Konkurrenz und die Aufteilung von Nischen in unserer Evolutionsgeschichte gespielt haben.«
Die Studie zeigt, wie technologische Fortschritte in der Paläoanthropologie dazu beitragen, die Dynamik der frühen menschlichen Evolution besser zu verstehen. Durch die Kombination der Daten aus fossilen Fußabdrücken mit weiteren archäologischen Funden könnten in Zukunft weitere Fragen zur Entwicklung des modernen Menschen beantwortet werden.
Publikation
Footprint evidence for locomotor diversity and shared habitats among early Pleistocene hominins
Science 386, 1004-1010 (2024). 29.11.2024
DOI: 10.1126/science.ado527
https://www.science.org/doi/10.1126/scie...
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