Europäischer Archäologiepreis Joseph Déchelette fördert zum fünften Mal exzellenten wissenschaftlichen Nachwuchs
Dr. Carole Quatrelivre überzeugte die zehnköpfige Jury mit umfangreichen und vielschichtigen Untersuchungen zur Besiedlungsentwicklung rund um das Gebiet der späteren gallo-römischen Stadt der Parisii (heutiges Paris). Die durch Ausgrabungen in den letzten Jahrzehnten besonders gut dokumentierte Region mit etwa 700 ausgegrabenen Fundstellen ermöglichte ihr eine Analyse von Einzelfunden, Befunden und flächigen Fundstellen. Unterschiedliche Siedlungsdynamiken südlich und nördlich von Paris während der gesamten Eisenzeit werden in ihrer Arbeit hervorgehoben.
Mit modernsten geostatistischen Techniken ermittelte sie die Schwankungen der Bevölkerungsentwicklung, um diese dann auf europäischer Ebene zu vergleichen. Hieraus konnte das Ausmaß des demografischen Wandels für den betrachteten Zeitraum abgeleitet werden: Die Beobachtung eines Rückgangs der Besiedlungen, die traditionell dem 4. Jahrhundert v. Chr. zugeschrieben wird, wird in ihren Analysen in Frage gestellt. Daraus resultierend hebt sie die Widerstandsfähigkeit der jeweiligen Gesellschaften hervor. Die Untersuchungen stützen die Theorie von ländlichen Gemeinden der Île-de-France, die sich an das zu dieser Zeit sich verschlechternde Klima und die Zersplitterung der Macht anpassten.
Carole Quatrelivre verteidigte ihre Doktorarbeit mit dem Titel "À la recherche des Parisii: dynamiques culturelles et territoriales de la région parisienne (Ve-Ier s. av. n. è.)" (Auf der Suche nach den Parisii: Kulturelle und territoriale Dynamik in der Region Paris (5.-1. Jh. v. Chr.)) an der École normale supérieure (ENS, Paris) im Jahr 2023. Seit Oktober 2023 arbeitet sie beim Sonderforschungsbereichs 1266 "TransformationsDimensionen" an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. In diesem Rahmen wird sie an ihre Doktorarbeit anknüpfende Forschungen zu "De la Tamise à la Morava: Modéliser le peuplement celtique", zu Deutsch "Von der Themse bis nach Morava: Modellierung der keltischen Besiedlung" unternehmen.
Der Europäische Archäologiepreis Joseph Déchelette würdigt herausragende Leistungen von Promovierenden und wird alle zwei Jahre an Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler vergeben. Um sie zu Beginn ihrer wissenschaftlichen Karriere zu unterstützen, steht dem Preistragenden neben dem Fördergeld von 10.000 Euro auch die jeweilige wissenschaftliche Infrastruktur inklusive Forschungsaufenthalt der renommierten Partnerinstitutionen zur Verfügung. Das Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) beteiligt sich als fester Partner und gleichzeitiges Jurymitglied am Preisgeld mit 2.000 Euro. Auch bietet das LEIZA einen Forschungsaufenthalt am Standort Mainz und stellt die umfangreiche Fachbibliothek sowie freien Zugang zur hauseigenen Sammlung zur Verfügung.
In Kooperation mit dem französischen Kulturministerium, dem Forschungszentrum von Bibracte, der Association Joseph Déchelette und weiteren Museen und archäologischen Vereinen hat das LEIZA den Archäologiepreis zur Nachwuchsförderung im Jahr 2015 eingerichtet. Benannt wurde er nach dem französischen Archäologen Joseph Déchelette (1862-1914), der als Wegbereiter der europäischen Archäologie gilt. Mit seinen Arbeiten zur Vorgeschichte und zu römischer Keramik setzte er Meilensteine in der Forschung. Die 2010 gegründete "Association Joseph Déchelette" hält die Erinnerung an diesen Wissenschaftler lebendig.
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