Entdeckungen am Rande des Römerlagers in Haltern am See

Römischer Spielstein auf dem Spielplatz in der Römerstraße

Bei bereits laufenden Bauarbeiten an einem Spielplatz in unmittelbarer Nähe der Umwehrung des Römerlagers in Haltern am See (Kreis Recklinghausen) stießen Archäologinnen und Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) nicht nur auf einen römischen Spielstein aus Glas. Vielmehr entdeckten sie zwei Backöfen, Reste von Caligae (Marschstiefel der römischen Legionäre) sowie acht Pfostengruben der Holz-Erde-Mauer.

Die Drohnenaufnahme zeigt die Grabungsfläche. Die Kreise markieren die Pfostengruben der Holz-Erde-Mauer, der Pfeil die Fundstelle der Schuhnägel
Die Drohnenaufnahme zeigt die Grabungsfläche. Die Kreise markieren die Pfostengruben der Holz-Erde-Mauer, der Pfeil die Fundstelle der Schuhnägel. Foto: LWL/T. Ciesler

"Wir wurden im Sommer von den Baumaßnahmen am Spielplatz an der Römerstraße überrascht", sagt Dr. Bettina Tremmel, wissenschaftliche Referentin für provinzialrömische Archäologie der LWL-Archäologie für Westfalen. Die Archäologin veranlasste baubegleitende archäologische Untersuchungen, da an dieser Stelle Funde beziehungsweise Reste der Bebauungsspuren des Römerlagers zu erwarten waren. Das Areal liegt auf einem Teil der Holz-Erde-Mauer des Römerlagers, wie man sie bereits am Westtor (auf der Römerbaustelle Aliso) rekonstruiert hat. "Daher war klar, dass wir auf archäologische Befunde stoßen werden", so Tremmel weiter. Und tatsächlich: Neben weiteren gut erhaltenen Pfostengruben der Holz-Erde-Mauer konnten die Archäologinnen und Archäologen zwei Gruben verorten, in denen vor gut 2.000 Jahren Brot gebacken wurde. Zusätzlich wurden mehrere Abfallgruben im Boden sichtbar.

Eine der Abfallgruben hielt eine besondere Überraschung bereit. Denn in dieser konnten die Überreste eines ledernen Soldatenstiefels geborgen werden. Tremmel dazu: "In eine dieser Abfallgruben hat ein Legionär seine kaputtgelaufene Caliga geworfen und sie so entsorgt. Zwar ist mittlerweile das Schuhleder im Halterner Sandboden komplett zersetzt. Die Schuhnägel, die unter der Schuhsohle saßen, blieben aber an Ort und Stelle erhalten."

Diese spürten das Ausgrabungsteam mithilfe eines sogenannten Pinpointers, eines kompakten Mini-Metalldetektors, auf. "An einer Stelle fanden wir nahe beieinanderliegende Schuhnägel und griffen für die weitere Suche zum Pinpointer. Dieser schlug auf einer Fläche von 20 mal 20 Zentimetern an", so Tremmel. Im Anschluss der gesamte Erdblock geborgen, um die Position der kleinen Metallfunde im Boden nicht zu verändern und einen bruchfreien Transport zu gewährleisten.

"Der Schuh muss relativ klein und im Absatzbereich umgeschlagen gewesen sein. Dort findet sich nämlich ein 90-Grad-Knick", so LWL-Restaurator Andreas Weisgerber. "Unser Augenmerk lag auch darauf, ob sich an den Eisenoxiden eventuell Organik erhalten haben könnte. Dies war aber leider nicht der Fall. Der Länge des Nageldorns nach zu urteilen war die Sohle etwa 0,8 Zentimeter dick."

"Die Schuhsohlen der Caligae bestanden aus drei Schichten Leder, die durch die kleinen, handgeschmiedeten Schuhnägel zusammengehalten wurden. Auf der Oberseite der Sohle wurden die Nagelspitzen umgeschlagen", ergänzt Tremmel. "Da die Legionäre keine Socken trugen, muss das Laufen auf den pro Sohle etwa 60 eingeschlagenen Schuhnägeln fast wie eine Massage gewirkt haben", glaubt sie.

Eine der Pfostengruben der Holz-Erde-Mauer. Mittig ist die leicht bräunliche Spur des Pfostens zu erkennen
Eine der Pfostengruben der Holz-Erde-Mauer. Mittig ist die leicht bräunliche Spur des Pfostens zu erkennen. Foto: LWL/B. Tremmel
Die präparierten Schuhnägel des einstigen Marschstiefels
Die präparierten Schuhnägel des einstigen Marschstiefels. Foto: LWL/J. Mühlenbrock
Die mit Nägeln beschlagene Sohle einer rekonstruierten Caliga
Die mit Nägeln beschlagene Sohle einer rekonstruierten Caliga. Foto: LWL/P. Jülich
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