Endneolithische Fußböden in der Siedlung Schreckensee ausgegraben
Zum Abschluss der Sondagen, die das Landesamt für Denkmalpflege seit Anfang August 2018 auf der Halbinsel im Schreckensee (Gemeinde Wolpertswende, Kreis Ravensburg) durchführt, zog Prof. Dr. Claus Wolf, Präsident des Landesamts für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart ein positives Fazit: »Wie sich bei unserer diesjährigen Ausgrabung im Rahmen des Monitorings am Schreckensee zeigt, bringen auch altbekannte Fundstellen oft unerwartete Ergebnisse zutage: die sehr gut erhaltenen Fußböden waren eine positive Überraschung und halten sicher noch manche Erkenntnis über die Siedlung für uns bereit.«
Die Fundstelle liegt gut geschützt im Naturschutzgebiet, die Fläche wird landwirtschaftlich nicht genutzt und der Pegel des Schreckensees ist stabil. Die letzten Sondagen liegen jedoch einige Jahre zurück, so dass eine Überprüfung der Fundstelle notwendig wurde. Der Erhaltungszustand der Siedlung ist ausgezeichnet. Es konnten unerwartet gut und umfangreich erhaltene Fußbodenkonstruktionen, sog. Prügelböden aufgedeckt werden. Die Stratigraphie (Abfolge von Schichten) der Siedlung erweist sich als sehr kompliziert. Das umfangreiche Probenmaterial wird im dendrochronologischen Labor des Landesamtes in Hemmenhofen analysiert. Der schon bekannte Anbau von Lein konnte makroskopisch durch auffällige Leinscheben bestätigt werden. Die Auswertung des botanischen und sedimentologischen Probenmaterials sowie der Tierknochen wird in den Laboren des Landesamtes für Denkmalpflege durchgeführt. Die Funde sind vielfältig und zeigen erneut überregionale Kontakte der jungsteinzeitlichen Siedler am Schreckensee. Sie finden Eingang in die derzeit laufende Bearbeitung der Funde und Befunde im Rahmen einer Forschungsarbeit zur Goldberg III-Gruppe.
»Gegenüber der UNESCO sind wir verpflichtet, die Welterbestätten zu erhalten, dazu ist es notwendig, sie zu erforschen. Nur so können wir den dauerhaften Erhalt der Denkmäler für zukünftige Generationen sichern« so Prof. Dr. Claus Wolf.
Die aktuellen archäologischen Untersuchungen durch das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart im August und September 2018 wurden im Rahmen des Monitorings der Welterbestätte durchgeführt. Sie sollen zur Klärung offener Fragen beitragen, die im Zuge der Bearbeitung der Funde und Befunde aufgekommen sind; gleichzeitig wird auch der Erhaltungszustand der archäologischen Schichten dokumentiert.
Hintergrund
Der Volksmund berichtet, dass auf der Halbinsel im Schreckensee ein Schloß gestanden habe. Auch wenn es hierzu keine schriftlichen Zeugnisse gab, nahm der Biberacher Zahnarzt und Archäologe H. Forschner diese Sage als Anlass, sich die Halbinsel genauer anzuschauen. 1921 entdeckte er so die Fundstelle, die er 1923 und 1924 durch Grabungen erforschte. Er nannte die Siedlung Schreckensee. Spuren unbeobachteter Grabungen waren in späteren Jahren wiederholt zu beobachten.
1979 führte das damalige Landesdenkmalamt Baden-Württemberg als erste Geländeaktion des »Projektes Bodensee-Oberschwaben«, Sondagen in der Siedlung Schreckensee durch. Weitere Unternehmungen zur Erkundung der Siedlung fanden 1983/84, 1987 und 2004 statt. Die Fundstelle ist seit 2011 Teil des UNESCO-Welterbes »Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen« und stellt hier einen wichtigen Vertreter der Siedlungen auf Halbinseln und Insel in den Kleinseen Oberschwabens dar.
Die Siedlung im Schreckensee stellt die umfassendste Schichtenfolge in Oberschwaben von der Jungsteinzeit bis zur Frühbronzezeit dar: die unteren Schichten gehören der Pfyn-Altheimer-Gruppe Oberschwabens (37. Jh. v. Chr.) an, es folgt die Horgener Kultur (33. Jh. v. Chr.) und die endneolithische Goldberg III-Gruppe in Oberschwaben (ca. 29.Jh.v. Chr.). Ein Gußtiegel ist zudem eines der seltenen Zeugnisse für frühe Kupfermetallurgie nördlich der Alpen.
Zur Erkundung der Siedlungsgröße hatte H. Schlichtherle bereits 1979 zwei sogenannte-Bohrstrecken gelegt: entlang festgelegter Messstrecken werden mit dem Handbohrer Bodenproben entnommen anhand derer Siedlungsanzeiger, wie Holzkohle, erkennbar sind. Diese wurden vor allem im Bereich des Überganges von der Insel zum Festland erweitert. Zur Klärung dieser Übergangssituation wurden zudem zwei kleine Sondageflächen von 2m x 2m angelegt. Außerdem wurde ein bereits von H. Forschner angelegter großer Schnitt von 10m x10m erneut aufgemacht.
RSS-Feeds @ Archäologie Online
- Nachrichten
- Videos
- Podcasts