Dresden reißt mittelalterliche Stadtbefestigung ab
Zwischen Frauenkirche und Kulturpalast wurden in den letzten Wochen eine steinerne Brücke, eine halbkreisförmige Bastion davor und ein vier Meter tiefer Graben mit Grabenmauern freigelegt - alle aus dem späten Mittelalter. Nach einem Beschluss des Dresdner Stadtrates vom 26. Juni sollen sämtliche Bauten einer Tiefgarage weichen. Das Grabungsgelände lag im Mittelalter in einer leichten Senke zwischen ummauerter Altstadt und der Frauenvorstadt. Die Frauenkirche als einzige Pfarrkirche lag somit vor den Toren der Stadt. Erst im 16. Jahrhundert begann man, auch diese Vorstadt zu befestigen. Mit Fertigstellung dieser Erweiterung wurden die alten Mauern beiderseits des Frauentores überflüssig. Sie wurden geschleift, der Graben zugeschüttet, auf der neu gewonnenen Fläche der Neumarkt angelegt. Solcherart geschützt überstanden die Anlagen sogar die Bombenangriffe des zweiten Weltkrieges unbeschadet. Zwar sind die Ausgrabungen noch am Laufen, doch die Baugeschichte lässt sich bereits näherungsweise nachzeichnen. Im 13. Jahrhundert war die Stadt von einer Mauer mit vorgelagertem flach geböschtem Graben umgeben. Eine hölzerne Brücke mit steinernen Brückenköpfen führte darüber hinweg - vom Frauentor Richtung Frauenkirche. Um den aufkommenden Feuerwaffen gewachsen zu sein, wurde vor die Stadtmauer im 14. oder 15. Jahrhundert eine zweite Mauer gebaut - die sogenannte Zwingermauer, die wiederum mit kleinen halbrunden Bastionen gesichert war. Die Brücke wurde ausgebaut, ein steinerner Bogen eingezogen. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts reichte auch das nicht mehr aus: Der Brücke wurde eine halbkreisförmige Bastion vorgelagert, die wiederum von einem Graben umgeben war. Diese Bastion, in der Fachsprache als Barbakane bezeichnet, ist immerhin noch dreieinhalb Meter hoch erhalten, sie hat einen Durchmesser von rund 15 Metern.
Der Stadtrat ließ sich in seiner Entscheidung zum Abriss von Brücke und Barbakane (Zwinger- und Stadtmauer liegen außerhalb der Tiefgaragenbaustelle) von Drohungen der Investoren leiten, die einen Ausstieg aus dem Projekt ankündigten, falls dem Abriss nicht zugestimmt würde. Befürchtet wurde, dass damit im Dominoeffekt die gesamten Investitionen zum Wiederaufbau des Quartiers kippen würden. Angekündigt ist um den Neumarkt eine Investitionssumme von 380 Millionen Euro. Weil das Landesamt für Archäologie mit dieser Entscheidung nicht einverstanden ist, muss nun das Regierungspräsidium endgültig entscheiden.
Ein Artikel der Sächsischen Zeitung finden sie hier.
Einen Plan und Abbildungen von der Grabung können sie auf den Seiten des Landesdenkmalamtes Sachsen anschauen.
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