Doppelter ERC-Preisträger revolutioniert Arbeit mit antiken Texten
Bereits viele tausend Downloads kann Prof. Dr. Dr. Dr. Peter Riedlberger für drei neue Tools verzeichnen, die er gemeinsam mit internationalen Teams entwickelt hat. Sie tragen die Namen Amanuensis, Titivillus, Cursor und sollen die Alltagsarbeit mit lateinischen und altgriechischen Texten erleichtern. »Interessant sind die Tools nicht nur für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sondern beispielsweise auch für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler oder Studierende«, erläutert Peter Riedlberger, der die Professur für Geschichte und Kultur der Spätantike an der Universität Bamberg innehat und doppelter ERC-Forschungspreisträger ist. Die drei Anwendungen sind kostenlos und stehen allen Interessierten zum Download zur Verfügung:
Amanuensis ist ein schnelles, leistungsfähiges und bequemes Programm für die Suche in einer umfangreichen Datenbank mit lateinischen und griechischen Quellen zum römischen Recht. Den Kern der Datenbank bildet die von der Universität Linz erstellte Textsammlung »Romtext«. Darüber hinaus sind die vollständigen lateinischen und griechischen Justinianischen Novellen, zahlreiche erhaltene Vollkonstitutionen und einige andere Texte enthalten. Neben der Textsammlung beinhaltet das Programm das gesamte Wörterbuch zu den Quellen des römischen Rechts von Heumann-Seckel. Unbekannte Wörter in der Datenbank können über das Kontextmenü so direkt nachgeschlagen werden. »Für juristisches Latein ist die Anwendung ein Game Changer«, freut sich Riedlberger.
Titivillus ermöglicht die Rechtschreibkorrektur für Latein und Altgriechisch in Microsoft Word. Wie bei modernen Sprachen kann so die Rechtschreibung automatisch überprüft werden. Titivillus zeigt nicht nur Fehler an, sondern macht auch Vorschläge für mögliche Korrekturen und erlaubt es, Einträge zu einem persönlichen Wörterbuch hinzuzufügen. »Rechtschreibfehler in gedruckten Werken sind immer ein Ärgernis. Statt zahlreiche Korrekturschleifen zu durchlaufen, können Fehler nun automatisiert direkt in Word erkannt werden«, erläutert Riedlberger.
Cursor wurde konzipiert, um die Arbeit mit Texten zu erleichtern, die im »Cursus mixtus« verfasst sind. Solche Texte zeichnen sich durch ein komplexes Rhythmussystem aus, das in der Kunstprosa einer begrenzten Zeitspanne gegen Ende der Antike verwendet wurde. Cursor automatisiert die Erkennung von prosodischen Mustern und bereitet sie visuell auf. »Der Einsatzbereich der Software ist zwar kleiner als bei den anderen beiden, erleichtert die Arbeit für diejenigen, die sich mit dieser speziellen Textgattung beschäftigen, aber ungemein«, sagt Peter Riedlberger.
Prestigeträchtige ERC-Grants und internationale Kooperationen machten Entwicklung der Tools möglich
»Die digitalen Humanwissenschaften spielen eine zentrale Rolle bei den Aktivitäten meiner Professur«, erläutert Peter Riedlberger. »Anders als sonst in diesem Bereich oft üblich, geht es dabei nicht nur um das Digitalisieren und Bereitstellen von Texten, sondern auch und vor allem um Tools, die die Alltagsarbeit erleichtern. Dass die neuen Tools jetzt schon eine so weite Verbreitung erreicht haben, ist für geisteswissenschaftliche Anwendungen ungewöhnlich und freut mich deshalb umso mehr.« Alle drei Projekte sind in internationaler Zusammenarbeit entstanden. Maßgeblich beteiligt waren Mathematiker und Softwareentwickler Günther Rosenbaum, Softwareentwickler Philippe Basciano, Dr. Marjorie Burghart, Mediävistin und Digital-Humanities-Expertin am Centre National de la Recherche Scientifique in Frankreich, Philologe Dr. Federico Boschetti aus Italien, Dr. Daniele Fusi, klassischer Philologe und Softwareentwickler aus Italien, sowie Dr. Lorenzo Livorsi, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Geschichte und Kultur der Spätantike in Bamberg. Die Projekte wurden vom Europäischen Forschungsrat (ERC) im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms »Horizont 2020« der Europäischen Union gefördert. Wegen des strengen Auswahlverfahrens, der geringen Förderchancen und der außerordentlichen Anforderungen an Kandidatinnen und Kandidaten gelten ERC-Grants als prestigeträchtigste individuelle Forschungspreise.
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