Digitale Werkzeuge zum Schutz des globalen Kulturerbes

Im Rahmen ihres ersten HORIZON-Projekts will die Forschungsgruppe »Visual Analytics« an der Hochschule Hof gemeinsam mit 22 internationalen Partnern Werkzeuge zur Erstellung »digitaler Zwillinge« von Kulturerbestätten entwickeln. Mithilfe innovativer 3D-Visualisierungen und Simulationen sollen historische Stätten virtuell abgebildet und potenzielle Umweltschäden frühzeitig erkannt und möglichst vermieden werden.

Projekt-Homepage (Screenshot)
Projekt-Homepage (Screenshot)

Das mit über 11 Mio. Euro von der Europäischen Union geförderte und auf drei Jahre ausgelegte Forschungsvorhaben ARTEMIS (»Applying Reactive Twins to Enhance Monument Information Systems« – deutsch: »Anwendung reaktiver Zwillinge zur Verbesserung von Denkmalinformationssystemen«) soll anhand mehrerer Pilotprojekte wissenschaftliche Methoden entwickeln, um den Weg für innovative Anwendungen in der Kulturerbeforschung zu ebnen. Dabei verwenden die Forschenden unter anderem Methoden aus den Bereichen KI sowie AR/VR (erweiterte Realität/virtuelle Realität). Prof. Dr. Claus Atzenbeck leitet die Forschungsgruppe Visual Analytics am Institut für Informationssysteme (iisys) der Hochschule Hof; sie ist als Konsortialpartner an ARTEMIS beteiligt. Der Wissenschaftler verweist mit Blick auf die europäische und internationale Gemeinschaft, dass »die Bewahrung historischer und kultureller Stätten generell eine große Herausforderung bedeutet – insbesondere auch deshalb, da traditionelle Methoden oft teuer und mitunter ineffektiv sind. Zudem besteht das Risiko irreversibler Schäden während der Restaurierung«. So würden neue Lösungen benötigt, um diese Stätten für zukünftige Generationen zu erhalten.

Digitale Zwillinge simulieren Entwicklung

In diesem Zusammenhang setzt das EU-geförderte ARTEMIS-Projekt auf einen High-Tech-Ansatz: Mithilfe von digitalen Zwillingen, Augmented-Reality- und Virtual-Reality-Technologien soll das kulturelle Erbe bewahrt werden. Durch die Erstellung detaillierter 3D-Modelle und der Implementierung von Simulationen kann ARTEMIS reale Bedingungen errechnen und Erhaltungsmethoden virtuell testen. So können Experten vorhersagen, wie sich verschiedene Konservierungsstrategien auf die Stätten auswirken, was im Ergebnis einen sichereren und effizienteren Schutz dieser wertvollen Kulturgüter ermöglicht.

Umfangreiche Dokumentation als Grundlage

Grundlage des unter Federführung des Nationalen Forschungsrates Italiens in Rom umzusetzenden Projektes ist eine umfassende Integration digitalisierter Kulturgüter als digitale Zwillinge, teilweise auch als 3D-Modelle. »Durch die digitale Modellierung kultureller Objekte kann deren Verhalten unter verschiedenen externen Bedingungen simuliert werden«, so Prof. Dr. Claus Atzenbeck. Dieser Ansatz ermögliche es, Experimente virtuell durchzuführen und die Auswirkungen verschiedener Maßnahmen auf die Kulturgüter besser zu verstehen. ARTEMIS stützt sich dabei auf das Know-how weltweit führender Forschungseinrichtungen, die Zugang zu umfangreichen Daten zu kulturellen Objekten bereitstellen, sowie innovativen Unternehmen in Europa. Auch ein Partnerunternehmen aus der Ukraine ist dabei, aus einem Land, das nicht nur in Bezug auf die Zerstörung ihres kulturellen Erbes vor großen Herausforderungen steht. Die Auswahl der Kulturstätten und -objekte, die zuerst unter die Lupe genommen werden sollen, gehört zu den nächsten Aufgaben der ARTEMIS-Partner.

Hochschule Hof integriert und verbindet Informationen

Konkrete Aufgabe der Forschungsgruppe Visual Analytics am Institut für Informationssysteme der Hochschule Hof ist es, Objekte und Baudenkmäler im digitalen Zwilling mit relevanten Informationen zu verbinden. Dabei forscht die Gruppe um Prof. Atzenbeck an unterschiedlichen Hypertext-Paradigmen. Diese ermöglichen es Benutzerinnen und Benutzern, eigene Ideen aus dem persönlichen Erfahrungsschatz auszudrücken, im System zu repräsentieren und – unterstützt von einer KI – zu verknüpfen. »Wir schaffen Mechanismen zur Strukturierung von Informationen, die den Informationsaustausch unterstützen. Dabei lernt das System von den Erfahrungen der Nutzerinnen und Nutzer. Die jeweiligen Module des digitalen Zwillings werden damit in bislang einmaliger Form aufgewertet«, so Prof. Dr. Claus Atzenbeck. Statt wie bei vielen aktuellen KI-Projekten nur auf reines maschinelles Lernen und Automatisierung zu setzen, so werde der Mensch mit seinen Erfahrungen und seiner Kreativität ein wichtiger Teil des Prozesses, so der Forscher. Die Unterstützung, die das System im Hintergrund dabei bietet, erfordert immens große Datenmengen. Nach Abschluss des ARTEMIS-Projektes sollen die Ergebnisse und viele geschaffene Werkzeuge der Öffentlichkeit und Kulturerbeforschung frei zur Verfügung stehen.

Über Horizon Europe – Das aktuelle Forschungsrahmenprogramm

Horizon Europe ist das größte Forschungsförderungsprogramm der Europäischen Union und hat ein Budget von rund 95,5 Milliarden Euro. Es unterstützt Projekte in Wissenschaft, Technologie und Innovation, die zur Lösung globaler Herausforderungen und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas beitragen sollen.

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