Den Naumburger Dom für die Zukunft bewahren
Ein Initiatorenkreis um den Restaurator Professor Dr. Ulrich Schießl von der Hochschule für Bildende Künste Dresden trägt das Kolleg; außerdem beteiligt sind fünf weitere Wissenschaftler an insgesamt vier Hochschulstandorten.
Das "Naumburg Kolleg" hat Modellcharakter. Es zeichnet sich dadurch aus, dass ein Objekt von mehreren Seiten und verschiedenen Disziplinen wissenschaftlich in den Blick genommen wird. Geplant ist, dass elf Dissertationen in folgenden sechs Fachgebieten entstehen: Bauforschung/Bauarchäologie, Kunsttechnologie/ Konservierungswissenschaften, Naturwissenschaften, Kunstgeschichte, Geschichte sowie Wirtschaftsgeographie/ Tourismusforschung. Im Zuge praktischer Arbeit erhalten die Nachwuchswissenschaftler mit dem Kolleg so zugleich die Chance eines umfassenden Wissenserwerbs und Erfahrungsaustausches mit Experten aus der Kulturguterschließung und -erhaltung.
Mit dem Vorhaben soll nicht weniger erreicht werden als die systematische Erfassung, Erforschung und Aufarbeitung der Baugeschichte des Westchors. Dabei beschäftigen sich die Wissenschaftler vor allem mit der Ausstattung: den berühmten Stifterstatuen, den Lettnerreliefs und der Kreuzigungsgruppe. Gerade die zwölf Stifterfiguren, unter ihnen das zur "deutschen Ikone" gewordene Bildnis der Markgräfin Uta, sind Hauptanziehungspunkte für viele Besucher Naumburgs - Touristen wie Kunsthistoriker. Ziel ist es, auf Basis der wissenschaftlichen Erkenntnisse ein Konzept zu erarbeiten für eine vorbeugende Konservierung der Kunstwerke und zugleich Strategien zu entwickeln für ein Erfolg versprechendes Kulturmarketing.
Hintergrund
Der Naumburger Dom gehört zu den wichtigsten Sakralbauwerken Deutschlands. Seinen Ruhm verdankt er insbesondere dem gegen 1250 errichteten Westchor, dessen bildhauerische Ausstattung in der Geschichte der europäischen Skulptur einen bedeutenden Rang einnimmt. Werke des sogenannten Naumburger Meisters - vor allem die Stifterstatuen - gehören aufgrund ihrer Qualität und ihrer suggestiven Wirkung zu den prominentesten mittelalterlichen Bildwerken. Hinzu kommt, dass der Naumburger Westchor als einheitlich konzipiertes wie auch einheitlich ausgeführtes großes Ensemble von Architektur und architekturbezogener Skulptur ein Denkmal von kunst- und kulturgeschichtlicher Bedeutung ist, das auch international ausstrahlt.
Zahlreiche zentrale Forschungsfragen sind jedoch bis heute nicht beantwortet. Daher bedarf es nach Einschätzung von Experten einer systematischen Befundsicherung, die dem heutigen kunsttechnologischen und bauforscherischen Standard entspricht. Vonnöten sind dafür sowohl eine eingehende Erschließung der Farbfassung der Skulpturen als auch bauarchäologische Untersuchungen. Eine neue Sichtung der historischen Quellen geht mit diesen Arbeiten Hand in Hand. Auch aus konservatorischer Sicht ist nach den zuletzt, in den frühen 1960er Jahren erfolgten Maßnahmen eine gründliche Bestimmung des Status quo für die weitere Erhaltung der Skulpturen und ihrer Farbfassung unerlässlich. Erforderlich ist darüber hinaus ein modernes Kulturmarketing. Möglichst vieles davon soll im Zuge des "Naumburg Kollegs" angegangen werden.
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