Das geheimnisvolle rote Glas

Bei Ausgrabungen im Umfeld einer Glashütte im Taunus fanden die Archäologen um Dr. Peter Steppuhn in den Jahren 2001-2005 haufenweise rote, undurchsichtige Glasscherben aus dem 15. Jahrhundert. Der Herstellungsprozess dieser Glasart blieb lange Zeit ein Rätsel. Nun liefert die Arbeit des Doktoranden aus Jena eine mögliche Erklärung. Seine Untersuchungen wurden kürzlich mit dem »R. E. Taylor-Award« ausgezeichnet.

Ferdinand Drünert
Der Nachwuchschemiker Ferdinand Drünert von der Universität Jena fand eine mögliche Antwort für die Trübung von rot-opakem Glas aus dem 15. Jahrhundert. Anne Günther / FSU

Sie sind opak, das heißt nicht durchsichtig, und wirken eher wie Keramik denn Glas. Derartiges rot-opakes Scherbenmaterial von reich verzierten Gläsern aus dem 15. Jahrhundert wurde in großen Mengen bei zwei archäologischen Untersuchungen des Hütten-Standortes »Unterhalb Dornsweg« (Taunus) gefunden. Dr. Peter Steppuhn leitete die Ausgrabungen in den Jahren 2001 und 2005. Unterstützt wurde er dabei von zahlreichen ehrenamtlichen Helfern unter Zusammenarbeit des Landesamts für Denkmalpflege Hessen mit dem Kulturkreis Glashütte e. V. unter der Leitung von Ingrid Berg.

Obwohl der Färbemechanismus des transparenten Kupferrubinglases in neuerer Zeit erfolgreich entschlüsselt wurde, birgt das Fundmaterial dieser mittelalterlichen Glashütte »Unterhalb Dornsweg« nach wie vor Rätsel.

Eine mögliche Antwort für die Trübung des Glases liefert nun Ferdinand Drünert, Doktorand am Otto-Schott-Institut für Materialforschung der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Für seine Untersuchungen an den roten Glasfunden wurde der Nachwuchschemiker auf dem 41. »International Symposium of Archaeometry« in Kalamata (Griechenland) mit dem »R. E. Taylor-Award« ausgezeichnet.

Feinste Partikel und Bläschen

Unter Verwendung mehrerer Verfahren hat Ferdinand Drünert herausgefunden, dass die Rotfärbung zunächst auf kleinste fein verteilte Partikel von metallischem Kupfer zurückzuführen sein könnte. »Mein erster Weg hat allerdings noch nicht gezeigt, weshalb die Proben opak sind. Meine Erwartung war, dass es sich um eher große Partikel handelt. Im Vergleich mit äußerlich ähnlich aussehenden neuzeitlichen Glasfunden aus dem Harz waren sie aber relativ klein«, so Drünert. Allerdings hat er bei seinen Untersuchungen mit dem Raster-Elektronenmikroskop noch eine weitere Entdeckung gemacht: Eine blasenartige Struktur. Es handelt sich um kleinste Tröpfchen, die sich beim Erstarren der Glasmasse in unterschiedlicher Weise verfestigt haben. »Das deutet auf eine Phasenseparation hin, wie es zum Beispiel bei Wasser und Öl zu beobachten ist, wenn man beide miteinander vermischt«, sagt der Nachwuchschemiker, der davon ausgeht, dass in der Glashütte im Taunus mit der roten Färbung experimentiert wurde.

»Dass eine solche Phasentrennung tatsächlich auftritt, wird durch die Beobachtung unterstützt, dass beim versuchsweisen Wiedereinschmelzen der Gläser die Viskosität unerwartet erhöht ist«, so Dr. Doris Möncke, die Drünerts Arbeit betreut und selbst an den Gläsern aus dem Taunus forscht. Demnach waren diese selbst bei sehr hohen Temperaturen nicht mehr zu verarbeiten. Da eine Phasenseparation, also eine Entmischung, durch einen Keim ausgelöst wird, gehen die Jenaer Wissenschaftler davon aus, dass die feinen Kupfernanopartikel die Ursache waren.

Preis trägt zur Vernetzung bei

Mit einigen wenigen Messungen wird Ferdinand Drünert seine Ergebnisse noch optimieren, bevor die Studie veröffentlicht wird und zudem in seine Doktorarbeit einfließen kann. Die Auszeichnung mit dem »Taylor Award« ist für den Doktoranden auch mit Blick auf sein künftiges wissenschaftliches Arbeiten von Bedeutung. Mit dem Preis ist eine Mitgliedschaft in der »Society for Archeological Sciences« verbunden. Für Drünert eine gute Gelegenheit, sich als Forscher zu vernetzen. »Wir freuen uns ebenfalls über den Erfolg unseres Nachwuchswissenschaftlers. Seine Untersuchungen sind ein gutes Beispiel dafür, wie ganz im Sinne der Interdisziplinarität archäologische Fragestellungen mithilfe naturwissenschaftlicher Methoden untersucht werden können«, betont Prof. Dr. Lothar Wondraczek, an dessem Lehrstuhl Herr Drünert seine Forschungsarbeiten durchführt.

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