Bronzezeitlicher Brunnen mit Opfergaben in Germering entdeckt
Er ist mehr als 3.000 Jahre alt, reichte einst fünf Meter tief und besaß offensichtlich Kultstatus: der bronzezeitliche Brunnen, den Archäologinnen und Archäologen dieses Jahr im oberbayerischen Germering ausgegraben haben. Auf seine rituelle Nutzung deuten zumindest die Funde am Grund hin. 26 Gewandnadeln aus Bronze und mehr als 70 Tongefäße konnten sie daraus bergen. Die hohe Zahl und die hohe Qualität der Gegenstände sprechen dafür, dass diese nicht versehentlich hineingefallen sind, sondern absichtlich und unversehrt – etwa im Rahmen kultischer Rituale – in den Brunnen hinabgelassen wurden. So handelt es sich bei der Keramik nicht um einfaches Alltagsgeschirr, sondern um feingearbeitete, verzierte Schalen, Tassen und Töpfe, wie sie die Menschen in der Mittleren Bronzezeit (ca. 1800- 1200 v. Chr.) beispielsweise auch als Grabbeigaben genutzt haben.
»Noch heute haben Brunnen für viele Menschen etwas Magisches. Sie werfen Münzen hinein, in der Hoffnung, dass ihre Wünsche erfüllt werden. Welche Motive unsere Vorfahren vor 3.000 Jahren bewegten, Schmuck und andere wertvolle Gaben darzubringen, können wir heute nicht mehr nachvollziehen. Naheliegend wäre aber, dass sie als Opfer für eine gute Ernte gedacht waren«
Generalkonservator Prof. Mathias Pfeil, Leiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege
Durch seine Verfüllung unterscheidet sich dieser Brunnen jedenfalls grundlegend von den anderen Brunnen auf der Grabungsfläche auf rund sieben Hektar. Von der Bronzezeit bis ins frühe Mittelalter wurden dort mehr als 70 Brunnen angelegt. Sie gehörten zu Siedlungen verschiedener Epochen, die noch heute durch Hausgrundrisse und Abfallgruben nachgewiesen werden konnten.
»Brunnen dienten zur notwendigen Wasserversorgung der Siedlungen. Dieser Brunnen zeigt durch seine Tiefe, dass er in einer Zeit genutzt wurde, in der der Grundwasserstand weit abgesunken war, was auf eine lange Trockenheit und sicher auch auf schlechte Ernteerträge schließen lässt. Möglicherweise kann man darin einen Grund erkennen, warum die damals hier lebenden Menschen einen Teil ihres Besitzes ihren Göttern in diesem Brunnen opferten«, betont Marcus Guckenbiehl, Stadtarchäologe und -archivar Germerings.
»Dass ein Brunnen mehr als 3.000 Jahren so gut übersteht, ist extrem selten. Seine Holzwände sind am Grund komplett erhalten und zum Teil noch vom Grundwasser durchfeuchtet. Das erklärt auch den guten Zustand der Funde aus organischen Materialien, die nun genauer untersucht werden. Wir erhoffen uns dadurch weitere Informationen über den Alltag der damaligen Siedler«, ergänzt Dr. Jochen Haberstroh, zuständiger Archäologe am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege.
Neben den Nadeln und Keramikgefäßen stieß das Grabungsteam am Grund des Brunnens auch auf einen Armreif, zwei Metallspiralen, einen gefassten Tierzahn, vier Bernsteinperlen, ein Rindengefäß, ein hölzernes Schöpfgefäß, mögliche Grasgeflechte und zahlreiche botanische Reste. Das archäologisch gut betreute Stadtgebiet von Germering liefert seit Jahrzehnten regelmäßig ungewöhnliche Artefakte für die Erforschung der Vor- und Frühgeschichte in Bayern. Seit Anfang 2021 arbeiten Archäologen im Vorfeld von Bauarbeiten für ein Briefverteilungszentrum auf der Fläche, auf der nun der Brunnen entdeckt wurde. Die Ausgrabungen gehören zu den größten Flächengrabungen des letzten Jahres in Bayern. Mittlerweile konnten die Wissenschaftler:innen dort um die 13.500 archäologische Befunde vor allem aus der Bronzezeit und dem frühen Mittelalter dokumentieren. Ein Teil der Funde wird derzeit am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege untersucht und konserviert. Nach Abschluss der sich anschließenden Restaurierungsarbeiten sollen diese voraussichtlich Ende des Jahres im Museum der Stadt Germering der Wissenschaft und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
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