Ausgrabungen im Bereich im Zentrum der historischen Altstadt von Reutlingen

Vor der Errichtung des neuen Wohn- und Geschäftsquartiers "Katharinenhof" findet seit dem 21. März 2018 auf den Bauflächen eine archäologische Untersuchung statt. Die Grabungen bieten der Archäologie die Möglichkeit, die Besiedlung des Areals bis in ihre Anfänge zurückzuverfolgen. Sondagen des Landesamtes für Denkmalpflege hatten bereits 2017 gezeigt, dass die Besiedlung sicherlich bis in das hohe Mittelalter zurückreicht.

Die Reutlinger Marienkirche
Die Reutlinger Marienkirche (Foto: Stadt Reutlingen)

Ein Pressetermin am 4. Mai 2018 hatte einen ersten Einblick in das laufende Grabungsprojekt gegeben, bei dem vor allem die neuzeitliche Bebauung der Parzellen im Vordergrund stand. Nach einer Einführung über die Bedeutung dieses Grabungsprojektes durch Dr. Jonathan Scheschkewitz vom Landesamt für Denkmalpflege hat die wissenschaftliche Grabungsleiterin Frau Sybil Harding M.A. (ArchaeoConnect) die interessierten Journalisten und den Vertreter des Investors, Maik Baumann von der Exklusiv Wohnwert GmbH, über die Grabungsfläche geführt. Frau Harding wies auf eine tiefe Grube hin, in der noch einzelne Mauerreste zu erkennen sind und erläuterte, dass es sich hierbei um einen ausgebrochenen Keller handele, der vermutlich schon im 17. Jahrhundert verfüllt worden sei. An der gleichen Stelle wurde anschließend ein Brunnen gegraben, der aber auch im Verlauf des 17./18. Jahrhunderts aufgegeben wurde. Auch in der Nachbarparzelle zeichnet sich ein weiterer Keller im einstigen Hinterhof der Katharinenstraße 8 ab. Der Hinterhof war über eine aufwendig gepflasterte Hofeinfahrt mit Entwässerungsrinne zu erreichen, die noch sehr gut erhalten war.

Die partiell guten Erhaltungsbedingungen werden auch anhand der alten Fußböden aus Stampflehm deutlich, die freigelegt werden konnten. Besonders spannend sind auf einem der Fußböden die Spuren des großen Stadtbrandes vom September 1726, als 80 % der Wohnhäuser und die meisten öffentlichen Gebäude zerstört worden sein sollen. Dort zeigte sich eine teils stark brandgerötete Oberfläche auf dem Lehmfußboden, aber auch noch die verkohlten Reste einer Holzkiste, in der viele runde, stark verkohlte Objekte lagen. Bei genauerer Betrachtung stellen sich diese als Äpfel heraus, die vermutlich noch kurz vor dem Stadtbrand geerntet worden waren.

Die intensive Nutzung der Flächen über die Jahrhunderte spiegelt sich auch im Fundmaterial wider, das bereits jetzt aus mehreren Kisten mit noch ungewaschenen Scherben aus verschiedenen Jahrhunderten besteht. Frau Harding präsentierte einzelne Scherben, wie eine kleine Öllampe, Bruchstücke einer kleinen Keramikfigur oder Töpfe, an denen noch die Rußspuren des Herdfeuers zu erkennen sind.

Die Grabungen befinden sich allerdings erst am Anfang und unter den freigelegten Befunden sind noch ältere Siedlungsspuren erhalten, die in den kommenden Monaten untersucht werden. Man darf gespannt sein, welche Überraschungen dort noch verborgen sind.

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