Archäologisches Team entdeckte in Zülpich einen unberaubten römischen Sarkophag
Da an dem Fundplatz unweit der antiken Fernstraße von Köln nach Trier zunächst weitere römische Gräber freigelegt werden mussten, entschied das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, die Entdeckung bis zur vollständigen Sicherung der benachbarten Gräber nicht bekannt zu geben. Im LVR-LandesMuseum Bonn stellte der LVR nun gemeinsam mit der Stadt Zülpich und dem Erftverband – als Veranlasser und Kostenträger – den Sarkophag und die inzwischen vollständig restaurierten Beigaben vor.
Im Zuge der Erweiterung eines Gewerbegebietes von Zülpich führt der Erftverband als Betreiber des Zülpicher Kanalnetzes umfangreiche Erschließungsarbeiten durch. Neben dem kompletten Entwässerungssystem für den neuen Teil eines Gewerbeparks baut der Verband einen Retentionsbodenfilter und ein Regenrückhaltebecken sowie einen Verbindungskanal zwischen dem Gewerbegebiet und den Rückhaltebecken.
Für die Geschichte Zülpichs handelt es sich um einen besonders interessanten Bereich: So markiert die B 265 in Fortsetzung der Römerallee den Verlauf einer der wichtigsten Fernstraßen der einstigen römischen Provinz Niedergermanien, der sogenannten »Agrippa-Straße«. Diese verband Köln über das damalige Tolbiacum (heute Zülpich) mit Trier und bildete den nördlichen Abschnitt einer wichtigen Verkehrsachse bis an das Mittelmeer. Nahe dieser römischen Straße liegen durch Luftbilder und Suchschnitte entdeckte Reste eines inzwischen als Bodendenkmal eingetragenen römischen Landgutes. Da der geplante Kanal unmittelbar an den Rändern dieser Hofanlage vorbeiführen würde, veranlasste das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland die archäologische Untersuchung der etwa 4 bis 5 Meter breiten Trasse.
Schnell zeigte sich, dass die Denkmalpfleger den richtigen »Riecher« hatten. Die vom Erftverband beauftragte archäologische Fachfirma Archaeonet aus Bonn wurde in kürzester Zeit fündig. Trotz einer großflächigen Beseitigung wichtiger Bodenschichten für die Ziegelproduktion im 19. Jahrhundert stieß der für den vorsichtigen Bodenabtrag zuständige Bagger neben Spuren eines römischen Weges auf eine große, grauviolette Sandsteinplatte. Diese bildete den Deckel eines etwa 2,30 mal 1,10 Meter großen Steinsarges. Solche römischen Sarkophage (griech. »fleischfressend“) sind Ausnahmefunde, die ab dem 3. Jahrhundert n. Chr. in den nördlichen Provinzen vereinzelt für die Bestattung wohlhabender Römerinnen und Römer Verwendung gefunden haben.
Innerhalb einer Woche wurde das Grab mit dem Steinsarg vorsichtig freigelegt, um Details wie die Gestalt der Grabgrube und weitere Funde zu dokumentieren. Eine nächtliche Bewachung verhinderte Beschädigungen durch ungebetene Besucher. Der Sarkophag sollte erst unter kontrollierten Bedingungen in den Werkstätten des LVR-LandesMuseums in Bonn geöffnet werden, um möglichst viele Informationen aus seinem Inhalt herauslesen zu können. Die Bergung des mehrere Tonnen schweren Objektes erfolgte schließlich im September (2017). Schweres Gerät und Mitarbeiter der Firma Fahrenberger Umwelttechnik sorgten für einen reibungslosen Ablauf der Bergung und den Transport per Tieflader nach Bonn.
Nach der Öffnung im LVR-LandesMuseum Bonn gab der Steinkasten nach etwa 1700 Jahren seinen Inhalt preis. Er barg das gut erhaltene Skelett einer Frau sowie eine Auswahl ihrer Besitztümer. Ein kleines Kunstwerk stellt ein Klappmesser dar, dessen Griff aus einem auf seine Keule gestützten Herkulesfigürchen gebildet wird. Virtuos gearbeitet ist eine Griffschale aus Glas im Miniaturformat, die speziell für den Grabkult gefertigt wurde und metallenes Handwaschgeschirr nachahmt. Kostbar ist auch ein kleiner Handspiegel aus Silber, dessen Griff in Form zweier Finger ausgearbeitet ist. Eine Schminkpalette aus Schiefer und ein Spatel konnten zum Auftragen von Kosmetik oder Salben genutzt werden. Salben und Duftstoffe waren in drei Glasfläschchen beigegeben worden. »Utere Felix« – »Benütze (mich) glücklich« ist auf einem weiteren Glasgefäß zu lesen. Für eine Frau ungewöhnlich ist die Beigabe eines kleinen kugelförmigen Ölbehälters aus Bronze. Fingerringe aus Gagat und Silber sowie eine Halskette aus Gagatperlen und zwei Anhänger aus dem gleichen Material lagen zusammen mit Perlmuttanhängern in einem mit Einlegearbeiten aus Horn verziertem Kästchen. Ebenfalls zum Schmuck zählen mehrere Knochennadeln, von denen eine ein goldverziertes Köpfchen hat.
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