Archäologische Untersuchungen am Kapellenberg erfolgreich fortgesetzt
Der Kapellenberg, ein bedeutendes Relikt aus der Jungsteinzeit, bietet durch seine gut erhaltenen Überreste tiefe Einblicke in das Leben und die Siedlungsstrukturen dieser Epoche. Im Fokus der diesjährigen Grabungssaison stand die Erfassung der Gesamtarchitektur des Grabhügels. Dabei legten die Forscher einen 40 x 5 Meter großen Grabungsschnitt an, der vom Fuß des Hügels bis zum vermuteten Bereich der ehemaligen Grabkammer reichte.
Diese Arbeiten lieferten wichtige Erkenntnisse über die Konstruktion des Hügels: "Errichtet auf einer natürlichen Erhebung, wurde Material aus der unmittelbaren Umgebung in die Hügelmitte aufgeschüttet und mit einer Geröllschicht versehen", erklärt Grabungsleiter Ferenc Kántor von der hessenARCHÄOLOGIE. "Auf diesen Kern wurden weitere Erdschichten aufgetragen, die jedoch vermutlich bereits im 19. Jahrhundert zerstört wurden.“ Prof. Dr. Detlef Gronenborn, Projektleiter am LEIZA, ergänzt: "Es ist sogar möglich, dass der Hügel bereits kurz nach der Errichtung gezielt zerstört wurde. Diese Zerstörung erschwert eine präzise Datierung des Baubeginns, den wir derzeit auf etwa 4100 v. Chr. schätzen."
In den kommenden Jahren soll die Forschung auf die Umgebung des Kapellenbergs ausgeweitet werden, insbesondere auf die Region um Hattersheim. Ziel ist es, Grabungsfunde aus Baugebieten aufzuarbeiten, um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, in welchem Verhältnis der Kapellenberg zu zeitgleich bestehenden Siedlungen der Umgebung stand. Erste Analysen deuten darauf hin, dass ab 3800 v. Chr. die Menschen bevorzugt auf dem strategisch günstig gelegenen Kapellenberg siedelten, da er sich gut verteidigen ließ.
Diese regionalen Forschungen sind eng mit europaweiten Studien zu den sozialen Dynamiken vorstaatlicher Gesellschaften verknüpft. Eine aktuelle Studie aus 2024 belegt, dass gesellschaftlicher Verfall oft zu gewaltsamen Konflikten, Flucht und Vertreibung führte. "Die Region um den Kapellenberg ist ein herausragendes Fallbeispiel", erklärt Gronenborn, der auch Mitautor der Studie ist. "Die Befestigungsanlagen und Brandschichten am Kapellenberg, deuten auf andauernde Konflikte hin. Als Folge migrierten die Bewohner in den europäischen Norden und unsere Region war für einige Jahrhunderte kaum besiedelt."
"Diese Ergebnisse unterstreichen, dass bereits in steinzeitlichen Gesellschaften grundlegende Verhaltensmuster entstanden sind, die bis heute relevant sind", erklärt Gronenborn. "Themen wie Flucht und Vertreibung haben leider eine bedrückende Aktualität auf globaler Ebene. Der Kapellenberg und sein Umland sind nicht nur ein beeindruckendes archäologisches Monument, sondern auch ein einzigartiges Zeugnis historischer Prozesse, die bis heute fortdauern."
Unterstützt von der Stadt Hofheim untersucht das LEIZA seit 2008 gemeinsam mit dem Arbeitsbereich Vor- und Frühgeschichte des Instituts für Altertumswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz in Zusammenarbeit mit der Abteilung hessenARCHÄOLOGIE des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen die archäologische Fundstätte aus der Jungsteinzeit. Auf dem Kapellenberg in Hofheim am Taunus sind Grabhügel und eine einzigartige Wallanlage aus der Jungsteinzeit erhalten. Der Wall wurde in der Zeit zwischen 4100 und 3600 v. Chr. errichtet und bislang kaum durch menschliche Eingriffe zerstört oder überbaut. In einem Projekt mit der Stadt Hofheim und weiteren Partnern ist 2020 ein archäologischer Rundweg auf dem Kapellenberg eingeweiht worden.
Publikation
Landscape of fear: indirect effects of conflict can account for large-scale population declines in non-state societies
Journal of the Royal Society, Interface. 28.8.2024
DOI: 10.1098/rsif.2024.0210
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