Archäologische Ausgrabungen im Umfeld des Ringheiligtums Pömmelte
Seit Mai 2018 führt das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt erneut archäologische Untersuchungen im Umfeld des Ringheiligtums Pömmelte durch. Das faszinierende, mehr als 4.000 Jahre alte Monument aus der ausgehenden Jungsteinzeit und beginnenden Frühbronzezeit wurde vollständig ausgegraben und umfassend wissenschaftlich untersucht. Es handelt sich um die einzige sogenannte Kreisgrabenanlage auf dem europäischen Kontinent, die eine ähnliche Komplexität wie das berühmte und zeitgleiche englische Stonehenge aufweist. Aufgrund seiner außergewöhnlichen kulturhistorischen Bedeutung wurde das Ringheiligtum von Pömmelte in den vergangenen Jahren an seinem originalen Standort wieder errichtet und erfreut sich seit seiner feierlichen Eröffnung am 21. Juni 2016 als nördlichste Station der touristischen Route »Himmelswege« größter Beliebtheit. Der Staatssekretär für Kultur des Landes Sachsen- Anhalt, Dr. Gunnar Schellenberger, erklärte in diesem Zusammenhang: »Das Land Sachsen- Anhalt ist im bundesdeutschen Vergleich bei der Inwertsetzung archäologischer Kulturdenkmäler bereits jetzt exzellent aufgestellt. Wir wollen diese Führungsposition in den nächsten Jahren weiter ausbauen und kulturtouristisch für das Land verwerten.«
Bereits seit den 2000er Jahren wurde im Zuge der archäologischen Untersuchungen am Ringheiligtum unmittelbar südlich des Rondells eine umfangreiche frühbronzezeitliche Siedlung aufgedeckt. Mit mindestens elf Langhäusern handelt es sich um die größte Siedlung dieser Zeit (ca. 2.200–1.600 v. Chr.) in Sachsen-Anhalt. Zwei weitere Bauten gehören möglicherweise einer älteren Siedlungsphase an, ein Hinweis darauf, dass die Besiedlung des Platzes schon im Endneolithikum bzw. durch die Träger der Schnurkeramischen Kultur (2.800-2.200 v. Chr.) begann.
In diesem Zusammenhang kommt den erneuten Ausgrabungen in Pömmelte eine hohe Bedeutung für die Erforschung des Siedlungsraumes der ausgehenden Jungsteinzeit und der Frühbronzezeit zu. So ist es das Ziel der Ausgrabungskampagne 2018, nach Möglichkeit die gesamte Ausdehnung der Siedlung zu erfassen und zu klären, in welcher Beziehung der Siedlungsraum und das Ringheiligtum zueinander standen. Daneben erhoffen sich die Archäologen von den diesjährigen Untersuchungen Antworten auf weitere Fragestellungen zur Einordnung der Siedlung in die endneolithisch-frühbronzezeitliche Kulturlandschaft rund um Pömmelte sowie zur Organisation der Siedlung: Wie war sie aufgebaut? Welches Aufteilungsmuster bestand innerhalb der Siedlung? Wie lange wurde der Ort als Siedlungsplatz benutzt? Können die Hinweise auf die älteren, endneolithischen Siedlungsschichten bestätigt und die Daten ergänzt werden? Zudem erhoffen sich die an den Untersuchungen beteiligten englischen und deutschen Archäologen Erkenntnisse über das Verhältnis des Ringheiligtums von Pömmelte zu der nur 1,2 km entfernten Kreisgrabenanlage von Schönebeck.
In insgesamt zwei Kampagnen soll während des sechsmonatigen Untersuchungszeitraums von Anfang Mai bis Ende September 2018 südlich und westlich des Rondells eine Fläche von etwa 2,8 ha erforscht werden. Das sechsköpfige Grabungsteam erhält seit heute Unterstützung durch zehn Studenten aus England (University of Southampton) und Deutschland (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg). Bislang konnten eine Fläche von etwa 4.000 m2 untersucht und ca. 300 Befunde dokumentiert werden. Anhand von Pfostenstellungen, die sich als dunkle Verfärbungen im Boden abzeichnen, konnte bereits mindestens ein Haus der Frühbronzezeit identifiziert werden. Es stellt mit seinem zweischiffigen Grundriss von 29 m Länge und 7 m Breite, dem offenen Ost-Ende und dem abgerundeten Westgiebel einen typischen Vertreter des frühbronzezeitlichen Hausbaus dar. Zu den weiteren Befunden zählen mindestens zwei Bestattungen, deren genaue zeitliche Einordnung noch aussteht, die aber vermutlich ebenfalls aus dem Endneolithikum oder der frühen Bronzezeit stammen.
Dass das Gelände der frühbronzezeitlichen Siedlung auch in historischer Zeit bzw. im Mittelalter genutzt wurde, belegen die Überreste eines Altweges mit Fahrmulden sowie eine Gruppe von fünf weiteren Bestattungen. Die Toten, darunter zwei Kinder, waren in gestreckter Rückenlage in West-Ost-Ausrichtung niedergelegt. Möglicherweise steht dieser Friedhof auf der Kuppe im Zusammenhang mit einer unweit südlich des Ringheiligtums gelegenen mittelalterlichen Wüstung.
Die diesjährigen archäologischen Untersuchungen im Umfeld des Ringheiligtums Pömmelte werden durch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Kooperation mit dem Salzlandkreis und der Kloster Bergeschen Stiftung durchgeführt.
Der Landrat des Salzlandkreises, Markus Bauer, zeigt sich erfreut über die Zusammenarbeit, denn »durch die Ausgrabungen können die Besucher das Ringheiligtum auf eine neue Weise entdecken und der Wohnstandort wird nochmals attraktiver«. Interesse ist auf jeden Fall vorhanden. »Im Vergleich zum Vorjahresmonat Mai stiegen die Besucherzahlen um 23,8 Prozent«, bilanziert der Landrat die ersten Grabungswochen.
Ferner trägt eine internationale Kooperation mit der University of Southampton (England) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zur großen Resonanz bei. Prof. Dr. Joshua Pollard (University of Southampton), der u. a. auch an den archäologischen Untersuchungen in Stonehenge und Avebury beteiligt ist, unterstützt im Rahmen dieser Kooperation mit einem Team von Studenten die Untersuchungen in Pömmelte. »Das Ringheiligtum Pömmelte gilt schon jetzt ohne Übertreibung als das deutsche Stonehenge. Gerade deshalb freut uns die internationale Kooperation mit den englischen Kollegen, deren Forschungen zu Stonehenge in den letzten Jahren bahnbrechende Erkenntnisse erbrachten«, so Prof. Dr. Harald Meller, Landesarchäologe des Landes Sachsen-Anhalt.
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