Archäologie des Geistes
Heiligtümer sind allgemeine – vielleicht universelle – Produkte menschlicher Gesellschaften. Zuerst nachgewiesen im Zeitalter des Jungpaläolithikums traten die ersten Heiligtümer ungefähr zur gleichen Zeit in Erscheinung wie die ersten Belege für Riten, Kunst und Musik. Da man in Heiligtümern eine Fülle gegenständlicher Objekte einerseits gefunden hat und sie zugleich Orte symbolischen Aufwands sind, zählen sie zu wichtigen Bestandteilen archäologischer Untersuchungen. Als frühe Nachweise für kognitive Aktivitäten des anatomisch modernen Menschen sind sie immer wieder zentral für Debatten um eine »Archäologie des Geistes«.
Im Rahmen des »Sanctuary Project« wollen Wissenschaftler des Max-Weber-Kollegs der Universität Erfurt jetzt untersuchen, wie Heiligtümer (sanctuaries) menschliche Erfahrungen und religiöses Wissen in der Antike beeinflussten. Das Projekt wird im Rahmen des Anneliese-Maier-Forschungspreises der Alexander von Humboldt-Stiftung finanziert und von dem Anneliese-Maier-Preisträger Prof. Dr. Gregory Woolf in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Jörg Rüpke als Gastgeber an der Universität Erfurt geleitet.
Bisherige Studien zu Heiligtümern untersuchten diese unter anderem als rituelle Orte, als Bühne für die Festkultur, als Kontaktstätte zum Göttlichen oder auch als Einflussfaktoren bei der Bildung von Staaten. Das »Sanctuary Project« baut auf diesen bisherigen Studien auf, fokussiert sich jedoch auf den religiösen Akt und erforscht, welche Rolle Heiligtümer bei der Bildung religiöser Erfahrungen von Personen, die antike Kultstätten besuchten, spielten. Dafür sollen Experten miteinander ins Gespräch kommen, die aus ganz unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven wie der Archäologie, Sozialanthropologie, der Alten Geschichte, Kunstgeschichte sowie der Jüdischen und Frühchristlichen Studien auf diese Frage blicken. Das »Sanctuary Project« möchte zudem Nachwuchsforscher ermutigen, sich an dem interdisziplinären Austausch zu beteiligen und sich so auch mit anderen Fachgebieten vertraut zu machen. Entsprechende Dissertationsstipendien werden dafür an der Universität Erfurt ausgeschrieben.
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