3D-Viewer ebnet Weg zur anerkannten Forschungsmethode
Eine 3D-Rekonstruktion des Mainzer Doms um 1250, der neuen Neuen Synagoge in Breslau von 1872 oder der ersten Dampfmaschine sind Beispiele von zahlreichen digitalen Modellen, die an verschiedenen webbasierten Speicherorten – Repositorien genannt – abgelegt sind. Computergestützte 3D-Rekonstruktion als Werkzeug für Forschung und Wissensvermittlung in den Geisteswissenschaften wird bereits seit vielen Jahren eingesetzt. Allerdings gehen bei der Weitergabe oder Zurverfügungstellung von digitalen 3D-Modellen immer wieder Informationen verloren, was die Zugänglichkeit von Daten und Forschung bislang erschwert.
Langfristige Bereitstellung von 3D-Rekonstruktionsmodellen
Ein Forschungsteam aus Mainz, Jena und Dresden hat jetzt einen 3D-Viewer veröffentlicht, der 3D-Modelle samt den Metadaten aus zwei verschiedenen Repositorien in einem einzigen webbasierten 3D-Viewer zusammenführt und diese langfristig verfügbar macht. »Der DFG 3D-Viewer ebnet der digitalen 3D-Rekonstruktion und der computerbasierten 3D-Visualisierung den Weg zur anerkannten Forschungsmethode, in dem die 3D-Modelle im Netz langfristig verfügbar, somit referenzierbar und im besten Fall wiederverwendbar werden.«, sagt Prof. Dr.-Ing. Piotr Kuroczyński, Leiter vom Architekturinstitut der Hochschule Mainz. Mit der Veröffentlichung der Beta-Version des 3D-Viewers haben die Forschenden die erste Förderphase zum Aufbau einer nationalen Forschungsinfrastruktur für 3D-Daten abgeschlossen.
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) entwickelten die Forschenden der Hochschule Mainz, der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden diese browserbasierte 3D-Viewerinfrastruktur, die eine einfache Verwaltung und Anzeige von 3D-Daten und den dazugehörigen Metadaten ermöglicht und langfristig verfügbar ist. Von April 2021 bis Juni 2023 arbeitete die Projektgruppe unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Piotr Kuroczyński (Professor für Angewandte Informatik und Visualisierung im Bauwesen, Mainz), Prof. Dr. Sander Münster (Juniorprofessur Digital Humanities, Jena) und Sebastian Meyer (Stabsstelle Digitale Bibliothek, Dresden) an der Entwicklung der Anwendung.
Interdisziplinäre Nutzung: Pläne zur Erweiterung auf weitere Repositorien für 3D-Modelle
Repositorien sind webbasierte Speicherorte für digitale Objekte. Bei den beiden prototypisch aufgebauten Repositorien handelt es sich um ein Mainzer Repositorium (https://3d-repository.hs-mainz.de/) und ein Jenaer Repositorium (https://3drepo.eu/). Die 3D-Daten aus den beiden Repositorien werden über einen direkten Link zum DFG 3D-Viewer verfügbar gemacht. Der DFG 3D-Viewer soll Rohdatensätze und Metainformationen nicht nur langfristig nutzbar machen, sondern auch die wissenschaftliche Zusammenarbeit und den Diskurs an digitalen 3D-Modellen ermöglichen. Aktuell wird eine zweite Förderphase beantragt, um den Zugriff auf weitere Repositorien für 3D-Modelle zu erweitern und somit eine interdisziplinäre Nutzung zu ermöglichen.
Zur Erprobung der Alpha-Version des 3D-Viewers wurden parallel seit Mitte 2022 in Zusammenarbeit mit Projektpartnern von der Ludwig-Maximilians-Universität München, dem Deutschen Historischen Museum in München, der Universität zu Köln und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg ein Repositorium repräsentativer 3D-Modelle aufgebaut, welches derzeit 120 Modelle umfasst. Zum Beispiel wurde eine 3D-Rekonstruktion der ersten Dampfmaschine durch das Deutsche Museum in München in diesen Datenspeicher eingepflegt. Weitere Modelle wie eine hypothetische 3D-Rekonstruktion des Mainzer Doms um 1250 oder der Neuen Synagoge in Breslau von 1872 sowie eine Reihe von zerstörten polnischen Holzsynagogen sind ebenfalls Teil der Browseranwendung.
Werkzeug für Forschung und Wissensvermittlung
Seit den 1990er Jahren wird computergestützte 3D-Rekonstruktion als Werkzeug für Forschung und Wissensvermittlung in den Geisteswissenschaften eingesetzt. Die Erstellung dieser quellenbasierten 3D-Rekonstruktionen ist komplex und zeitaufwändig. Außerdem ist die Weitergabe und Zurverfügungstellung von digitalen 3D-Modellen schwierig. Oft werden Ergebnisse nur als zweidimensionale Abbildungen publiziert. Dabei gehen immer wieder Informationen verloren, die für eine spätere Nutzung nicht verfügbar sind. Im Ergebnis ist die Zugänglichkeit und somit Nachhaltigkeit der Forschungsergebnisse nicht gegeben.
Trotz bestehender prototypischer Infrastrukturen fehlt in der geisteswissenschaftlichen Forschung mit einem objektspezifischen Fokus bislang eine domänenübergreifend etablierte langfristige und niedrigschwellige Lösung für die Bereitstellung von 3D-Modellen. Hier setzt das DFG-Projekt 3D-Viewer an. Dafür verfolgen die Forscher einen Community-Ansatz: Die meisten Objekte sollen durch die wissenschaftliche Community nach festgelegten Standards u.a. unter Verwendung von etablieren Datenaustauschformaten (IFC/CityGML) hochgeladen und erschlossen werden, damit sie auch für darauf aufbauende Forschung genutzt werden können.
RSS-Feeds @ Archäologie Online
- Nachrichten
- Videos
- Podcasts