"Die Truppen waren im Rahmen verschiedener Militäroffensiven in den Jahren vor und nach Christi Geburt in Barkhausen immer nur kurz an diesem Ort", so LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale. Es sei möglich, dass der römische Feldherr Varus kurz vor seiner entscheidenden Niederlage 9 nach Christus mit seinen Truppen an dieser verkehrsgeographisch wichtigen Stelle in Barkhausen vorbeigekommen sei. Rüschoff-Thale: "Ob das Varusheer dabei tatsächlich hier Halt machte, können wir bisher nicht beweisen." Die Ausgrabungen werden im Frühjahr fortgesetzt.
"Die insgesamt eher geringe Anzahl an Funden und Befunden spricht dafür, dass die Truppen jeweils nur kurze Zeit hier Station machten oder auf ihrem Marsch nur durch Barkhausen durchzogen" erläuterte die LWL-Expertin für römische Archäologie, Dr. Bettina Tremmel vor Ort. Da die Römer nicht dauerhaft in Barkhausen geblieben seien, hätte dort kein fest ausgebautes Standlager existiert. Stattdessen hätten die Römer während ihrer kurzen, wahrscheinlich nur wenige Tage dauernden Stopps in Lederzelten campiert.
Bis heute wurden insgesamt 20 römische Objekte entdeckt, ähnlich denen in den römischen Militäranlagen von Haltern, Bergkamen-Oberaden und Delbrück-Anreppen. Besonders interessant sind sieben Bronze- und Silbermünzen sowie Fibeln (Gewandspangen, mit denen die römischen Legionäre ihre Mäntel verschlossen), die in die Zeit des Augustus datieren. Ein eiserner Zelthering diente zur Befestigung lederner Zelte, in denen die Soldaten übernachteten.
Die Archäologen fanden auch Bleilote, wie sie römische Vermessungsingenieure verwendeten. Denn selbst die Anlage der nur wenige Tage genutzten Marschlager, in denen tausende römische Soldaten in Zelten campierten, musste sorgfältig geplant werden. Die gefundenen eisernen Schuhnägel festigten die Sohle der Römersandalen, die in der einheimischen, germanischen Schuhtradition unbekannt waren. Ein Mühlstein zum Mahlen von Getreide könnte von römischen Soldaten verwendet worden sein.
Auch Bodenverfärbungen können in Barkhausen mit den Römern in Verbindung gebracht werden: Vier flache, längliche Gruben enthielten verziegelten Lehm und Holzkohlestückchen, die gerade zu Radiocarbon Untersuchungen in Erlangen sind. Die Formen der Gruben besitzen starke Ähnlichkeit mit römischen Backöfen in den römischern Lagern an der Lippe.
Barkhausen ist ein Stadtteil von Porta Westfalica und liegt westlich der Weser auf einer flachen Geländeterrasse. Der von Süden kommende Fluss verlässt hier das Weserbergland und fließt in Richtung Norden in die Norddeutsche Tiefebene ein. Dabei durchbricht er das Weser- und das Wiehengebirge und bildet so die "Westfälische Pforte". Seit vorgeschichtlicher Zeit führen die Verkehrswege durch dieses von der Natur erbaute Tor.
Das zwei Hektar große Baugebiet "Auf der Lake" ist die einzige größere, nicht bebaute Fläche in Porta Westfalica-Barkhausen. Während 2008 zwei Begehungen der Straßentrassen durch die LWL-Archäologen ergebnislos verliefen, fanden ehrenamtliche Helfer im Juli vergangenen Jahres eine keltische und drei römische Münzen, einen Sandalennagel sowie eine römische Fibel. Die Archäologen hatten danach sofort in Absprache mit der Sparkasse Minden-Lübbecke als Erschließungsträger und den Bauherren mit der Ausgrabung begonnen. Inzwischen sind 5.000 Quadratmeter archäologisch untersucht.
Roms Heerführer versuchten im Laufe von drei Jahrzehnten immer wieder (11 v. Chr.-16 n. Chr.) große Gebiete Germaniens zu erobern und zu unterwerfen. Tausende römischer Soldaten waren in Stützpunkten am Rhein und der Lippe stationiert und rückten von dort aus in Feldzügen bis an die Weser und sogar bis an die Elbe vor. Der nun entdeckte Platz in Porta Westfalica-Barkhausen ist einer derjenigen, den die römischen Truppen auf ihren mühevollen Fußmärschen passierten und an dem sie möglicherweise eine Nacht oder auch ein paar Tage campierten.