Die ArchäologInnen vom norwegischen Institut für Kulturgüterforschung (NIKU) haben mit der vom Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie (LBI ArchPro) in Wien und Niederösterreich entwickelten Technologie diese einzigartige Entdeckung gemacht. Das Wikingerschiff befindet sich knapp unter der Bodenoberfläche in einer Tiefe von ungefähr 50 cm und wurde ursprünglich in einem Grabhügel bestattet. Die digitalen Visualisierungen der Radardaten zeigen eine klar erkenntliche schiffsförmige Struktur mit einer Länge von 20 m. Die Daten deuten darauf hin, dass der untere Teil des Schiffes bis heute gut konserviert ist. Weitere zerstörungsfreie Untersuchungen sind geplant, um diesen besonderen Fund und die umgebende Landschaft digital zu kartieren.
Sensationeller Fund von Wikingerschiff, Grabhügeln und Langhäusern
Der sensationelle Fund befindet sich in Viksletta, in direkter Nachbarschaft zum monumentalen Grabhügel von Jelle in Østfold, Norwegen. Das Team hat die Überreste von zumindest acht bisher völlig unbekannten und vom Pflug zerstörten Grabhügeln lokalisiert. Mithilfe des Bodenradars ist es jedoch möglich, die Überreste und die umfassenden Gräben dieser massiven Monumente bis in kleinste Details zu kartieren. Einer dieser zerstörten Grabhügel zeigt deutlich die Überreste eines ursprünglich im Hügel bestatteten Wikingerschiffes. Es gibt klare Hinweise darauf, dass der Kiel und der untere Teil des Schiffes in diesem Grab noch bestens konserviert sind. Basierend auf dem Wissen über andere bekannte Wikingerschiffe erstellten die ArchäologInnen eine erste hypothetische Rekonstruktion des Schiffs.
»Wir sind sicher, dass hier ein Schiff bestattet ist. Wie viel tatsächlich noch erhalten ist, ist vor weiteren Untersuchungen schwer zu sagen«, sagt Morten Hanisch, Landeskonservator von Østfold. Und Dr. Knut Paasche, Leiter der Abteilung für digitale Archäologie von NIKU und ausgewiesener Wikingerschiff-Experte, ergänzt: »Dieser Befund ist ausgesprochen aufregend, da wir bisher nur drei gut erhaltene Wikingerschiffe in Norwegen kennen, alle vor über 100 Jahren ausgegraben. Dieses Schiff ist von großer historischer Bedeutung, da wir es mit den modernsten Mitteln der Archäologie untersuchen können.«
Neben den monumentalen Grabhügeln hat das Bodenradar noch die Überreste von fünf Langhäusern ans Tageslicht gebracht, einige von ihnen von beachtlicher Größe, eine Situation vergleichbar mit der Fundstelle Borre in Vestfold, auf der gegenüberliegenden Seite des Oslo Fjords. »Dieser Schiffsfund liegt nicht isoliert, sondern war Teil eines Gräberfeldes, welches Macht und Einfluss weithin sichtbar repräsentierte«, sagt der Archäologe Lars Gustavsen, Projektleiter von NIKU.
Die Archäologen von NIKU planen gemeinsam mit dem LBI ArchPro weitere zerstörungsfreie geophysikalischen Methoden einzusetzen, um weitere grundlegende Fakten zur Struktur und dem Erhaltungszustand des Schiffes ohne Bodeneingriff zu erhalten. Das Team geht davon aus, dass nach Abschluss der nichtinvasiven Untersuchungen archäologische Ausgrabungen zur Sicherung dieses einzigartigen Fundes notwendig sein werden.
Die Bodenradaruntersuchungen beim Grabhügel von Jelle wurden von NIKU in enger Zusammenarbeit mit der Provinz Østfold durchgeführt. Die genutzte Methode und Software wurden vom LBI ArchPro in Wien und Niederösterreich entwickelt. Johanna Mikl-Leitner, Landeshauptfrau von Niederösterreich sagte anläßlich der Vorstellung der Ergebnisse: »Bei dem in ganz Europa erfolgreich operierenden LBI ArchPro zeigt sich, wie wichtig die enge Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung in einem Europa der Regionen ist. Die von Niederösterreich unterstützten Entwicklungen für die digitale Archäologie helfen mit, unser gemeinsames kulturelles Erbe zu erkunden und zu schützen, um es für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen, aber auch um es für die nachkommenden Generationen zu bewahren. Das Land Niederösterreich ist stolz, an dieser bedeutenden Entdeckung in Norwegen Anteil zu haben und sieht sich auf dem Weg der Unterstützung von Spitzenforschung zum Wohl unserer Gesellschaft bestätigt. Nach den einzigartigen Entdeckungen wie der Gladiatorenschule oder des ersten Amphitheaters in Carnuntum ist dem LBI ArchPro mit dieser Entdeckung ein weiterer Meilenstein gelungen, der zeigt, wie wichtig die zerstörungsfreie Erkundung und Dokumentation unseres gemeinsamen kulturellen Erbes in Europa ist und in Zukunft werden wird. Das Land Niederösterreich freut sich, als einer der Mitbegründer des LBI ArchPro gemeinsam mit den norwegischen Partnern einen weiteren bedeutenden Fund zur europäischen Geschichte der Bevölkerung zugänglich zu machen. Mit dem LBI ArchPro hat die Digitalisierung auch längst in der Archäologie Einzug gehalten.«