Bedingt durch die Planung eines neuen Parkhauses mit Tiefgarage in der Altstadt in unmittelbarer Nähe des Doms, finden seit Dezember 2019 archäologische Voruntersuchungen durch das Landesamt für Denkmalpflege, Abt. hessenARCHÄOLOGIE, statt. In enger Abstimmung mit der Stadt Wetzlar werden sukzessive Flächen im Außenbereich der Kita Marienheim in der Goethestraße 7 - unter Beibehaltung des Kitabetriebes – geöffnet, um Bodendenkmäler, die durch die geplanten Baumaßnahmen zerstört werden, zu untersuchen und zu dokumentieren.
Mit den neuen Ausgrabungsergebnissen lässt sich bereits jetzt die wechselvolle Entwicklung Wetzlars nachvollziehen. Ausgehend von einer Stiftsgründung am Ende des 9. Jahrhunderts zeichnen die Funde ein eindrucksvolles Bild über die durch kriegerische Auseinandersetzungen geprägte städtische Entwicklung im Hochmittelalter bis hin zur frühen Neuzeit. Die zahlreichen neuen Erkenntnisse und Funde leisten damit einen bedeutenden Beitrag zum Verständnis der Stadtgeschichte der freien Reichsstadt.
So konnte ein Fundament eines mehrgeschossigen Gebäudes aus dem 17. bis 18. Jahrhunderts aufgedeckt werden, welches weder auf historischen Ansichten der Stadt, noch auf dem Urkataster verzeichnet war. Unerwartet war zudem auch die Aufdeckung von mehreren Flachdarren zur Flachsverarbeitung sowie zwei Kalkbrennöfen aus dem 13. Jahrhundert, die zur Herstellung von Mörtel im ehemaligen Stiftsbezirk dienten und auf eine rege Bautätigkeit verweisen. In eben jenen Zeitraum fallen der Ausbau der Stadtbefestigung sowie die Errichtung der Stiftskirche, des heutigen Wetzlarer Doms.
Erstmalig ließ sich nun bei diesen Untersuchungen auch die Existenz einer bisher nur vermuteten ersten Stadtbefestigung aus dem 12. Jahrhundert nachweisen. Eine Turmkonstruktion sowie die Überreste eines an die gut erhaltenen Mauerreste angebautes Gebäude bestätigen die bisher nur angenommene dichte Bebauung im Herzen der hochmittelalterlichen Stadt. Der starke Aufschwung und der damit verbundene Wohlstand während dieser Epoche, in der Wetzlar zur freien Reichsstadt aufstieg, werden auch durch die hohe Funddichte und ein großes Fundspektrum bestätigt. So finden sich nicht nur Keramik- und Glasfragmente, Trachtbestandteile, Handwerksgeräte sondern auch Speiseabfälle und Münzen.
Schließlich konnten weitere Hausgrundrisse sowie Speichergruben einer bronzezeitlichen Siedlung auf dem Gelände untersucht und dokumentiert werden. Ein Beleg für die frühe vorgeschichtliche Besiedlung um 3.500 v. Chr. auf diesem exponierten spornartigen Gelände über dem Zusammenfluss von Dill und Lahn.