An dem Projekt sind Zeithistoriker, Archäologen und Empirische Kulturwissenschaftler der Universität Tübingen und des Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam beteiligt. Sie untersuchen das körperliche und emotionale Nachvollziehen von Vergangenheit, wie es uns heute beispielsweise über Darsteller in Museen, in historischen Doku-Soaps im Fernsehen und beim Wandern auf historischen Wegen entgegentritt.
Historische Themen und Darstellungen sind bei Zeitschriftenlesern, Fernsehzuschauern, Museumsbesuchern oder Touristen sehr beliebt. Seit den 1990er Jahren bemühen sich Freilichtmuseen und ganze Regionen, ihren Besuchern eindrucksvolle Geschichtserlebnisse zu bieten. Ob nun als TV-Dokumentation, »Museumstheater« oder Themenwanderweg, all diese Formen der Darstellung und Aneignung von Vergangenheit lassen sich unter dem Begriff »Living History« fassen. Diese Geschichtsbilder an den Schnittstellen von Archäologie und Öffentlichkeit sind bisher noch sehr wenig untersucht worden.
Prozesse der Wissensaneignung beim Wandern auf archäologischen Themenwegen stehen nun im Zentrum des Interesses der Analysen von Prof. Dr. Bernhard Tschofen und Sarah Willner M.A. (Tübingen). Dr. Stefanie Samida (Potsdam) erforscht theatrale Geschichtsdarstellungen in archäologischen Freilichtmuseen und auf historischen Events, Prof. Dr. Frank Bösch und Georg Koch M.A. (Potsdam) untersuchen deutsche und britische Fernsehsendungen von 1970 bis heute hinsichtlich der Darstellung von Ur- und Frühgeschichte. Gefördert wird das auf drei Jahre angelegte Projekt »Living History. Reenacted Prehistory between Research and Popular Performance« von der VolkswagenStiftung im Rahmen der Förderinitiative »Wissenschaft – Gesellschaft – Öffentlichkeit«.
»Living History« kommt, so die Annahme der Forschergruppe, zeitgenössischen Bedürfnissen entgegen und spiegelt zugleich Einstellungen und Vorstellungen der jeweiligen Gegenwart wider. Schließlich interpretieren verschiedene Akteure Geschichte ausgehend von ihren individuellen Fähigkeiten und Interessen. Dabei zeigt sich, dass die prähistorische Vergangenheit einerseits in romantisierende Fortschrittserzählungen eingeflochten und andererseits zur Kritik an der Konsumkultur herangezogen wird. Das sind nur einige Aspekte, die das Projekt in den nächsten Jahren weiter untersuchen wird.
Weitere Informationen über das Projekt und den Workshop gibt es unter: www.livinghistory.uni-tuebingen.de