Zu diesem Schluss kommt der Tübinger Geowissenschaftler Professor Paul Bons in einer Studie: Mit einem internationalen, multidisziplinärem Team hatte er evolutionäre Prozesse und Wanderungsbewegungen virtuell im Computer nachvollzogen. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal PLOS ONE veröffentlicht.
Das Team hatte Computersimulationen durchgespielt, um die Muster grundlegender Evolutionsprozesse zu untersuchen. Dazu gehören die allmähliche Verbreitung genetischer Veränderungen und die menschliche Neigung, sich bei der Partnerwahl eher mit ähnlichen Partnern fortzupflanzen. Zudem tendieren Menschen dazu, ihren Lebensraum zu erweitern und dabei in das Territorium benachbarter Gruppen vorzudringen. Auch wiederholte Simulationen dieser Parameter zeigten, dass schon solch grundlegende evolutionäre Gesetzmäßigkeiten zu Wanderbewegungen führen könnten, sagt Paul Bons.
Darüber hinaus errechnete das Team den statistisch gesehen wahrscheinlichsten Ausgangspunkt einer Wanderbewegung: In der größten zusammenhängenden besiedelten Fläche. »Dies war während der Eiszeit im Mittelpleistozän (vor mehr als 126.000 Jahren) der afrikanische Kontinent«, sagt Bons. Andere Kontinente hätten kleinere und weniger kompakte Flächen aufgewiesen, die beispielsweise durch Berge und Küstenlinien unterbrochen wurden. »Demzufolge war Afrika der wahrscheinlichste Ausgangspunkt für unsere Spezies, und deshalb gehen die Wanderrouten dieser Zeit überwiegend von Zentralafrika aus.«
Äußere Faktoren, wie beispielsweise Veränderungen des Klimas, wurden in der Studie bewusst außen vor gelassen, um zu zeigen, dass diese nicht zwingend die Verbreitung des modernen Menschen erklären ‒ auch wenn sie den Verlauf möglicherweise beeinflusst haben. »Migration tritt immer wieder auf, ohne notwendigerweise von Umweltfaktoren abhängig zu sein«, erklärt Bons. »Jeder großen Wanderbewegung gehen viele kleine voraus ‒ und dies konnte dazu führen, dass sich eine Menschenart weltweit verbreitete.«
Publikation
Out of Africa by spontaneous migration waves
PLOS ONE. 23.04.2019
DOI: 10.1371/journal.pone.0201998
https://journals.plos.org/plosone/articl...