"Über 100.000 Gäste in unseren drei archäologischen Museen in Haltern, Herne und Paderborn zeigen, dass das unsere Ausstellungen relevante Themen der Bevölkerung ansprechen. Dass auch auf der heutigen Tagung wieder alle Plätze belegt sind, spiegelt das breite Interesse an der Archäologie", so Dr. Cornelia Bauer, Referatsleiterin der LWL-Kulturabteilung.
Einen Blick in die Zukunft warf der Direktor der LWL-Archäologie für Westfalen, Prof. Dr. Michael Rind: "Wir erleben, dass sich die Einsatzbereiche unserer Wissenschaft verändern - auch Hinterlassenschaften der Moderne werfen zunehmend Fragestellungen auf, mit denen wir in uns in der Archäologie auseinandersetzen müssen." Um auch in Zukunft gut aufgestellt zu sein, müsse sich das Fach schon jetzt auf kommende Aufgaben vorbereiten. Rind verwies dabei auf ein Beispiel aus Schweden, wo Archäologen sich mit den Konsequenzen atomaren Mülls beschäftigen.
Neben Rückblicken auf Themen des Vorjahres stand auch ein aktuelles Forschungsprojekt im Fokus der Tagung: eines der größten NS-Verbrechen in Deutschland außerhalb von Konzentrationslagern und Gefängnissen. Im März 1945 - kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges - ermordeten Angehörige von Waffen-SS und Wehrmacht zwischen Warstein und Meschede im Sauerland insgesamt 208 polnische und sowjetische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene. Seit 2015 erforscht Marcus Weidner vom LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte in Archiven, sowohl im In- als auch im Ausland, die Hintergründe der grausamen Verbrechen. Jetzt fanden in enger Kooperation mit der LWL-Archäologie für Westfalen und zusammen mit ehrenamtlichen Metallsondengängern Ausgrabungen an allen drei Tatorten statt. Dabei kamen nicht nur die letzten Habseligkeiten der Opfer zutage, sondern auch Waffenteile und Munition. Die Funde geben Aufschlüsse über den genauen Ablauf der grausamen Taten.
Auf dem Programm stand auch ein Vortrag aus der Paläontologie über den Mosasaurier. Ab dem Turon, also vor zirka 94 Millionen Jahren, erlebten die im Wasser lebenden Mosasaurier oder Maasechsen eine Blütezeit. Sie breiteten sich ausgehend von den damaligen Binnenmeeren Europas bis in die Weltmeere aus und nahmen erheblich an Größe zu. Sie wurden bis zu 15 Meter lang und starben erst zusammen mit den Dinosauriern vor zirka 66 Millionen Jahren aus. Jedoch ist nur wenig über die Mosasaurier aus ihrer Entstehungszeit im Turon bekannt. Ein Teilskelett aus dem Teutoburger Wald lässt nun darauf schließen, dass es bereits zu diesem Zeitpunkt erste Anpassungen an das Leben im offenen Meer gab.
Weiterhin wurde auf der Tagung ein europaweit seltener Fund thematisiert. Im Kloster Wedinghausen in Arnsberg (Hochsauerlandkreis) haben die Wissenschaftler bei Sanierungsarbeiten die Gruft der gräflichen Stifterfamilie aus dem Mittelalter geöffnet. Die Wände der Grabkammern waren mit kunstvollen Bildern verziert. Von diesen 700 Jahre alten Malereien gibt es nur wenige Vergleichsbeispiele, unter anderem aus Belgien. Darüber hinaus haben die Forscher in dem Kloster auch die älteste Warmluftheizung Westfalens aus dem 12. Jahrhundert entdeckt.
Für Aufmerksamkeit sorgte im vergangenen Jahr auch die unerwartete Entdeckung von zwei Stahlhütten in Witten (Ennepe-Ruhr-Kreis). Die monumentalen Reste stammen aus dem 19. Jahrhundert. Eine Vielzahl an Gewölben und Überresten technischer Anlagen erstrecken sich auf eine Fläche von insgesamt vier Hektar, die von zwei archäologischen Fachfirmen in Absprache mit dem LWL dokumentiert wurden. Vergleichbare Überreste solcher Anlagen gibt es in dem Umfang europaweit kaum mehr.