Auf der mittelalterlichen Falkenburg bei Detmold (Kreis Lippe), am Max-Clemens-Kanal des 18. Jahrhunderts zwischen Münster und Rheine (Kreis Steinfurt) sowie im Heerestanklager aus dem Zweiten Weltkrieg in Herbram-Wald in Lichtenau (Kreis Paderborn).
Per Knopfdruck ins Damals
Das Besondere ist das Zusammenspiel verschiedener Medien, die die Nutzung für alle zugänglich und interessant macht: Von 3D-Modellen ausgehend können Interessierte ihren Wissensdurst mittels 360°-Panoramen, Videos, erklärenden Animationen und Bildern stillen. Auch ein Gebärdensprachvideo und ein einführender Text in Leichter Sprache werden angeboten. Die Touren sind über je eigene Links von der Homepage der LWL-Archäologie für Westfalen zu erreichen und können auch über das Smartphone genutzt werden - sozusagen Archäologie für unterwegs. Jede Tour hat eine besondere Schaltfläche, die das Bodendenkmal heute und damals zeigt - einfacher kann man selten einen Blick in die Vergangenheit werfen.
3D-Modelle von Fundobjekten, Pläne und erklärende Videos von Archäolog:innen und weiteren Akteur:innen nehmen Besuchende der Tour mit in vergangene Zeiten.
Auch der Direktor der LWL-Archäologie, Prof. Dr. Michael M. Rind, kommt zu Wort: »Es ist uns immer wichtig, die Funktion, Arbeitsergebnisse und Methoden der LWL-Archäologie aufzuzeigen. Dieses Angebot bietet dafür eine großartige Gelegenheit. Außerdem ist es uns wichtig, die Archäologie Westfalen-Lippes auch digital erlebbar zu machen.«
Die digitale Anwendung wird zukünftig durch weitere Bodendenkmäler aus ganz Westfalen erweitert.
Ein bewährtes Konzept
Bereits während seiner Tätigkeit in Berlin hat Archäologe Dr. Michael Malliaris, jetzt Leiter des Fachreferats für Mittelalter- und Neuzeitarchäologie beim LWL, spannende Ausgrabungsprojekte für interessierte Bürger:innen mittels einer 3D-Online-Tour erfahrbar gemacht. Dazu hat er sich Unterstützung von einem Berliner Studio für immersive Medien und digitales Storytelling (Zu Deutsch: Geschichtenerzählen) geholt. Das für die LWL-Archäologie für Westfalen um neue spielerische Elemente erweiterte Konzept umschreibt Jan Totzek vom Studio Polyvista so: »Wir freuen uns zu sehen, wie das archäologische und historische Expertenwissen mit unseren multimedialen Vermittlungstechniken zu interaktiven Anwendungen für eine breite Nutzer:innengruppe verschmolzen ist. In die Geschichte spannender Orte eintauchen zu dürfen, hat die Arbeit an diesem Projekt zu etwas Besonderem gemacht.«
Malliaris ist froh über das Ergebnis und erklärt seine Motivation, diese Anwendung auch nach Westfalen zu bringen, so: »Es war mir wichtig, die Vielfalt spannender Bodendenkmäler aus dem Arbeitsbereich meines Fachreferats zu zeigen, als wichtige und schützenswerte Zeugnisse westfälischer Geschichte.« Es ist ihm zudem ein Anliegen, die unterschiedlichen Sichtweisen auf Bodendenkmäler interessierten Bürger:innen zu vermitteln, zur Erkundung vor Ort und zur Beschäftigung mit der westfälischen Geschichte anzuregen.
Die drei verschiedenen Touren im Kurzüberblick
Das Heerestanklager des 2. Weltkriegs in Herbram-Wald
Versteckt im Wald diente das geheime Heerestanklager in Herbram-Wald bei Lichtenau zwischen 1938 und 1945 dem nationalsozialistischen Regime zur Kriegsvorbereitung und
-durchführung. Hier wurden Treibstoffe gelagert, gemischt und an Kriegsschauplätze geliefert. Nach dem 2. Weltkrieg entstand die Siedlung Herbram-Wald auf den Resten des Tanklagers. Seine unterirdischen Reste sind nicht nur Bodendenkmal, sondern auch Mahnmal gegen den Krieg.
Die mittelalterliche Falkenburg bei Detmold
Die Edelherren von Lippe erbauten die Falkenburg bei Detmold am Ende des 12. Jahrhunderts. An dieser Wiege der lippischen Geschichte fanden ab 2004 im Rahmen der aufwändigen Sanierung der Burgruine Ausgrabungen der LWL-Archäologie in Kooperation mit der Kreisarchäologie in Lippe statt. Dadurch konnte die über 300jährige Geschichte der Anlage und ihrer Verteidigungsanlagen fast vollständig ergründet werden. Das 3D-Modell der rekonstruierten mittelalterlichen Gebäude macht mittelalterliche Lebenswelten auf der Burg greifbar.
Der Max-Clemens-Kanal des 18. Jahrhunderts zwischen Münster und Rheine
Zwischen Münster und Rheine erstreckt sich im Münsterland auf einer Länge von 36 Kilometern das längste Bodendenkmal Westfalens: der Max-Clemens-Kanal. Der 1724 auf Geheiß des Fürstbischofs Clemens-August I. erbaute Kanal war bis 1840 in Betrieb. Seine Hafenanlagen, Schleusen und Brücken sind heute verschwunden und das Kanalbett teilweise verschüttet. Dennoch ist sein Verlauf entlang eines Rad- und Wanderweges noch heute gut zu erkennen. Die 3D-Online-Tour verdeutlicht, wie der Kanal und seine Anlagen einst funktionierten und was sich heute dort befindet.