Im Bereich des bisherigen Parkplatzes bei der AOK ist ein Neubau geplant, sodass der Parkplatz umgelegt werden muss. Deshalb wurden vom Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Tübingen (LAD) sowohl am alten als auch am geplanten neuen Parkplatzstandort Rettungsgrabungen durchgeführt.
Die Mitarbeiter unter der örtlichen Grabungsleitung von Ernst Rümmele konnten in knapp dreiwöchiger Arbeit rund 200 Gruben und Pfostengruben von Holzbauten freilegen und dokumentieren, die sich im gewachsenen Boden als dunkle Verfärbungen abzeichneten.
Aufgrund der Vielzahl und scheinbar regellosen Anordnung der Pfostengruben wird sich erst bei der Nacharbeit im Büro klären, ob sich daraus Hausgrundrisse rekonstruieren lassen. Eindeutig bezeugen diese Pfostengruben schon jetzt eine lange Besiedlungsdauer am siedlungsgünstigen Osthang über der Eyach. Dazu passt auch das Fundmaterial: Nachdem bereits bei der Baggersondage im Frühjahr Keramik des 4./5. Jahrhunderts gefunden worden war, vervollständigen nun Keramikfragmente aus unbestimmter vor- und frühgeschichtlicher Zeit, vor allem aber auch solche des 6./7. Jahrhunderts das Bild.
Ganz offensichtlich befand sich an dieser Stelle eine der Keimzellen Balingens. Bisher konnte die frühmittelalterliche Besiedlung nur indirekt über Grabfunde erschlossen werden, nun wurde erstmals ein Siedlungsplatz nachgewiesen, der zudem zeitlich weiter zurück reicht, als bisher gedacht.
Entsprachen diese Ergebnisse noch durchaus den ursprünglichen Erwartungen der Denkmalpflege, gab es doch auch eine überraschende Entdeckung. Im Randbereich der untersuchten Fläche wurde ein Grab freigelegt, in dem ein Verstorbener in Schlafposition mit angezogenen Beinen und angewinkelten Armen auf der Seite lag, mit dem Kopf im Süden und den Füßen im Norden. Solche sogenannten Hockergräber sind vor allem für die späte Jungsteinzeit und frühe Bronzezeit charakteristisch, so dass die Bestattung auch ohne Grabbeigaben vorläufig dem Zeitraum zwischen 3.500 und 2.000 v. Chr. zugeordnet werden kann. Mit der späteren Siedlung hat diese Bestattung nichts zu tun: Ihr Kopfbereich wurde durch eine der Pfostengruben zerstört. Auch wenn die genaue Datierung noch aussteht: Zweifelsfrei handelt es sich hierbei um die Überreste des bisher »ältesten Balingers«.