Über 400 in Vulkanasche konservierte menschliche Fußabdrücke in Tansania

Eine in der Nähe des Dorfes Engare Sero in Tansania von Mitgliedern der Massai-Gemeinde entdeckte Fundstätte enthält auf einer Fläche von etwa 300 Quadratmetern über 400 in Vulkanasche konservierte menschliche Fußabdrücke, die vor schätzungsweise 6.000 bis 19.000 Jahren entstanden sind und die unterschiedlichen Wege von mindestens 20 verschiedenen Individuen repräsentieren. Die Funde liefern eine Momentaufnahme des Gruppenverhaltens moderner Menschen während des Spätpleistozäns. Eine Analyse dieser bisher größten Ansammlung fossiler menschlicher Fußabdrücke in Afrika wurde kürzlich im Fachmagazin Scientific Reports vorgelegt.

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Die Fundstätte von Engare Sero mit menschlichen Fußabdrücken in Vulkanasche
An der Fundstätte von Engare Sero in Tansania wurden bisher 408 menschliche Fußabdrücke freigelegt, die auf ein Alter zwischen 19.100 und 5.760 Jahren datiert wurden. Foto: © Cynthia Liutkus-Pierce/Appalachian State University

WissenschaftlerInnen mehrerer amerikanischer Universitäten legten 408 menschliche Fußabdrücke frei, deren Alter mittels radiometrischer Messungen (40Ar/39Ar und 14C) auf einen Zeitraum zwischen 19.100 und 5.760 Jahren datiert werden konnte. Ausgehend von ihrer Größe, den Abständen zwischen den einzelnen Abdrücken und ihrer Ausrichtung vermuten die Autoren der Studie, dass 17 der Fußabdruck-Reihen von einer Gruppe von Individuen stammen, die sich gemeinsam im Schritttempo in südwestlicher Richtung bewegten. Die Gruppe setzte sich wahrscheinlich aus 14 erwachsenen Frauen, zwei erwachsenen Männern und einem jungen Mann zusammen. 

»Fundorte mit Fußabdrücken sind in der menschlichen Fossilienkunde selten, und sie bewahren spannende, direkte Fenster in die Vergangenheit«, sagt Kevin Hatala, Assistenzprofessor für Biologie an der Universität Chatham und Hauptautor der Studie. »Wir sehen hier eine detailreiche Momentaufnahme einer Gruppe, die zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt der Menschheitsgeschichte durch diese Landschaft wanderte. Auf der Grundlage unserer Analyse der Größen, Abstände und Richtungen der Fußabdrücke glauben wir, dass sie von einer Gruppe meist erwachsener Frauen gemacht wurden, die zusammen unterwegs waren. Wenn wir uns die ethnographische Literatur ansehen, dann stimmt diese Art von Gruppenstruktur mit denjenigen überein, die bei geschlechtlich geteilten Futtersuchaktionen beobachtet wurden. Natürlich kann man keinen Eins-zu-eins-Vergleich anstellen, und es gibt noch andere Möglichkeiten, aber das Potenzial, solche Gruppenverhalten anhand fossiler Beweise direkt zu beobachten, ist faszinierend«, so Hatala. 

Professorin Cynthia Liutkus-Pierce von der Appalachian State University, Leiterin des Engare Sero-Forschungsprojektes, stellt fest, dass die Fußspuren in einem alten vulkanischen Schlammstrom, der vom nahe gelegenen Oldoinyo L«engai, einem noch aktiven Vulkan im ostafrikanischen Graben, erzeugt wurde, bemerkenswert gut erhalten sind. »Diese Abdrücke wurden in nasse Asche gepresst, die fast wie Beton trocknet«, erklärt Liutkus-Pierce. »Die Elastizität der ausgehärteten Asche trägt dazu bei, die Details der Fußabdrücke trotz der natürlichen Erosion der Umgebung über Tausende von Jahren zu erhalten«.  

Für weitere sechs Reihen von Fußabdrücken, die nach Nordosten ausgerichtet sind, schätzen die Autoren eine größere Variationsbreite in der Geschwindigkeit, was darauf hindeuten könnte, dass sie nicht von einer einzelnen Gruppe stammen, die zusammen reiste, sondern von verschiedenen Individuen, die mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten liefen und gingen, erstellt wurden.

Die Fundstätte wurde vom Digitalisierungsbüro der Smithsonian Institution vollständig dreidimensional dokumentiert. Das daraus resultierende 3D-Modell kann online betrachtet werden, zudem können 3D-Modelle einzelner Fußabdrücke auch heruntergeladen werden und stehen so für weitere Analysen zur Verfügung.

William Harcourt-Smith, Professor am Lehman College der City University of New York und wissenschaftlicher Mitarbeiter am American Museum of Natural History, erklärt: »Diese Website bewahrt ein seltenes und wunderbares direktes Fenster in die Vergangenheit. Die Bereitstellung eines maßstabsgetreuen Modells, auf das andere online zugreifen können, ist für den Austausch dieser Daten mit der wissenschaftlichen Gemeinschaft und der Öffentlichkeit sowie als langfristiger Schutz gegen die potenzielle Erosion der physischen Stätte von entscheidender Bedeutung.  

Briana Pobiner, Paläoanthropologin am Smithsonian's National Museum of Natural History, bemerkt: »Mehrere der menschlichen Fussabdruckspuren führen zu einer nahe gelegenen Sanddüne. Wir haben die zusätzlichen Fussabdrücke, die vermutlich unter der Düne erhalten geblieben sind, absichtlich nicht ausgegraben, bis wir mit der tansanischen Regierung zusammenarbeiten können, um einen Erhaltungsplan zur Begrenzung der Erosion zu entwickeln«. Die weitere Auswertung der bei der Untersuchung der Fundstätte gewonnenen Daten soll auch für Paläoanthropologie, Paläoökologie und verwandte Gebiete neue Erkenntnisse bringen.

Das Engare Sero-Forschungsprojekt wurde durch die Zusammenarbeit mit der tansanischen Regierung und den lokalen Massai-Gemeinschaften sowie mit finanzieller und materieller Unterstützung von National Geographic, der Leakey Foundation, der National Science Foundation, der Evolving Earth Foundation, dem Explorer«s Club, der Appalachian State University, der George Washington University, der Smithsonian Institution und dem American Museum of Natural History ermöglicht.

Schematische Darstellung der Fußabdrücke von Engare Sero
Schematische Karte der menschlichen Fährten von Engare Sero. Fußabdrücke, die zu derselben Fährte gehören, sind durch eine gemeinsame Farbe gekennzeichnet. Bild: Hatala, K.G., Harcourt-Smith, W.E.H., Gordon, A.D. et al., Sci Rep 10, 7740 (2020), CC-BY 4.0 (Kurzfassung). Originaldatei: Figure 2
Menschliche Fußabdrücke in Vulkanasche
Senkrechtaufnahmen von Fußabdrücken der Fundstätte von Engare Sero: Die orthografischen Bilder (rechts) sind entsprechend der Abdrucktiefe eingefärbt. Links sind die jeweiligen Fotografien abgebildet. Bild: Hatala, K.G., Harcourt-Smith, W.E.H., Gordon, A.D. et al., Sci Rep 10, 7740 (2020), CC-BY 4.0 (Kurzfassung). Originaldatei: Figure 3
Publikation

Kevin G. Hatala et al.

Snapshots of human anatomy, locomotion, and behavior from Late Pleistocene footprints at Engare Sero, Tanzania

Scientific Reports vol. 10, 7740. 14.05.2020
DOI: 10.1038/s41598-020-64095-0
https://www.nature.com/articles/s41598-0...