Über 2.000 Jahre alte Siedlung bei Ausgrabungen im Tagebau Profen entdeckt
Seit 2009 und vor allem verstärkt seit Herbst 2013 führt das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt archäologische Untersuchungen im MIBRAG-Tagbauvorfeld Domsen bei Hohenmölsen, Lkr. Burgenlandkreis durch, wobei der Schwerpunkt zunächst auf großmaßstäbigen Dokumentationen lag. Auf diese Weise gelang ein effektiver und umfassender Überblick zur langen Besiedlungs- bzw. Nutzungsgeschichte auf dem heutigen Tagebauvorfeld Domsen. So wissen wir heute, dass sich bereits der spätpaläolithische Mensch (bis ca. 10.000 vor heute) von Zeit zu Zeit an den Hängen des Elstertales aufgehalten hat.
Ab dem 6. Jahrtausend v. Chr. beobachten wir hier – wie im gesamten Zentraleuropa – eine gezielte Fokussierung auf die Lösszonen. Menschen der sogenannten Kultur der Linienbandkeramik (5.500 bis 5.000 v. Chr.) waren die Pioniere der Landwirtschaft, die auf diesen Gunstböden ihre Äcker bzw. vielmehr Gärten rund um die Siedlungen anlegten. Von besonderer Bedeutung sind daher Entdeckungen dieser archäologischen Kultur im Feld Domsen: verschiedene erfasste Grabenstrukturen als Spuren der Nutzung des Auenbodens im Tal der Grunau stellen keine Umfassung im Sinne einer Wehrbefestigung dar. Vielmehr dienen diese der Entwässerung des feuchten Talgrundes. Erstmalig gelingt damit hier der archäologische Nachweis bewusster Meliorationsarbeiten – und das 7.000 Jahre vor heute!
In der entwickelten Jungsteinzeit wird die kleine Region durch die sogenannte Baalberger Kultur (um 4.000 v. Chr.) erneut besiedelt. Eine besondere Hinterlassenschaft dieser Siedlungsphase sind tiefe, als Bestattungsplätze genutzte Schachtgruben innerhalb des eng genutzten Siedlungsbereiches. Auch in der Folgezeit – während dem Spätneolithikum und der Frühbronzezeit (2.200 bis 1.600 v. Chr.) geriet der Landstrich nie in Vergessenheit: einzelne Bestattungen, verstreute Hausgrundrisse und Niederlegungen von Schmuckgegenständen belegen dies eindrucksvoll.
Eine ganz besondere Hochblüte verzeichnen wir im 1. Jahrtausend v. Chr. – zum Ende der Bronzezeit und ab der einsetzenden Eisenzeit, wobei der »Siedlungsboom« bis in die Frühphase der sogenannten Römischen Kaiserzeit (1. Jh. n. Chr.) anhält. Zahlreiche Abfallgruben, ein Brunnen, Teilbestattungen und viele weitere Befunde wurden im Zuge der Ausgrabungen auf einem Areal von rund 1 Hektar Größe dokumentiert. Charakteristische Gefäße – sowohl Gebrauchskeramik als auch besondere Stücke wie Miniaturgefäße – wurden in den letzten Wochen geborgen. Unter den Fundobjekten sind Bruchstücke von bronzenen Gewandschließen (Fibeln) besonders hervorzuheben. Außerdem kamen silberne Denare der frühen und mittleren Römischen Kaiserzeit zutage: Vespasian (röm. Kaiser von 69 bis 79 n. Chr.) sowie Antoninus Pius (röm. Kaiser von 138 bis 161 n. Chr.). Diese Münzen belegen eindrücklich die enge Einbindung der kleinen Region um Domsen in die weite Welt des römischen Reiches rund um Christi Geburt.
Welche Bedeutung einer Grube zukommt, in der zahlreiche Rinderskelette und weitere Tierteile deponiert wurden, lässt sich momentan noch nicht eindeutig belegen. Mussten hier sehr schnell im Zuge einer Seuche Kadaver vergraben werden? Oder fassen wir den rituellen Ausschnitt des damaligen Lebens?