Die Folgen dieses Ereignisses vor 784 Jahren sind im Ruhrgebiet bis in die Gegenwart sichtbar. Für das LWL-Museum für Archäologie in Herne wird es deshalb zum Roten Faden der neuen Ausstellung „Aufruhr 1225!“ (27. Februar bis 28. November 2010).
Es dämmerte bereits am 7. November, als Engelbert auf seinem Weg nach Köln einen Hohlweg bei Gevelsberg passierte. Nur wenige Kilometer von seinem Nachtlager entfernt geriet er in einen Hinterhalt. Im Angesicht einer ganzen Schar von Angreifern flüchteten die Gefolgsleute des Erzbischofs. Engelbert setzte sich zwar energisch zur Wehr, war aber chancenlos und wurde erschlagen. „Es lässt sich nicht ganz genau sagen, ob er ermordet worden ist, oder eigentlich gefangen genommen werden sollte“, sagt Dr. Stefan Leenen, Projektleiter der Ausstellung. Zunächst sieht das Geschehen aus wie ein brutaler Mord. „Die zeitgenössischen Schilderungen des Zisterziensermönches Caesarius von Heisterbach, der die Lebensgeschichte Engelberts niederschrieb, lassen auf eine äußerst blutrünstige Tat schließen“, so Leenen. Über 40 schwere Hieb- und Stichwunden soll der Bischof erlitten haben. Eine Untersuchung der Gebeine durch den Kölner Gerichtsmediziner Prof. Dr. Günter Dotzauer bestätigte im Jahr 1978 die Überlieferungen von Caesarius, der sich auf Augenzeugen stützte.
„Der Tod Engelberts war dennoch vor der Tat nicht geplant“, vermutet Leenen. „Wahrscheinlich wollten ihn seine Verfolger gefangen nehmen, um politische Zugeständnisse zu erpressen.“ Hätten sie den Bischof ermorden wollen, wäre ein einzelner Attentäter mit einer Armbrust ausreichend gewesen. „Als der Überfall schief lief, schlugen vermutlich alle zu, um sich anschließend nicht aus der Schuld stehlen zu können. Deshalb das Gemetzel.“ Als Mörder wurde Graf Friedrich von Isenberg beschuldigt, bald zum Tode verurteilt und ein Jahr nach der Tat auf grausame Weise hingerichtet. Auch andere Adelige sollen an dem Komplott beteiligt gewesen sein. Der Graf verwaltete die weltlichen Besitztümer des reichen Essener Damenstiftes, die ihm und auch schon seinen Vorfahren große Einnahmen beschert hatten. Das Stift und Engelbert wollten jedoch seine Rechte beschneiden. Der Erzbischof, damals mächtigster Mann nördlich der Alpen, wollte seine Machtposition weiter ausbauen. Die Ländereien des Damenstiftes hätten seine beiden Einflussbereiche im Rheinland und in Westfalen miteinander verbinden können. Weder Engelbert noch seinen Nachfolgern ist das gelungen.
„Köln wurde daher nicht zur Zentralmacht in der Region, das Gebiet um die Ruhr blieb territorial zersplittert und ein Flächenstaat im Nordwesten des Reiches konnte nicht entstehen“, nennt der Archäologe und Historiker eine Entwicklung, die der vermeintliche Mord entscheidend beeinflusst hat. „Die Teilung des Landes in das Rheinland und Westfalen ist zu einem gewissen Grad auch ein Erbe dieses Geschehens.“ Die Familie des Grafen erlitt nach der Verurteilung Friedrichs den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Niedergang. Ihre Burgen wurden zerstört, der Besitz entzogen und neu verteilt. Seine Brüder, die Bischöfe von Münster und Osnabrück, wurden abgesetzt.
Wie dieser Mord die ganze Ruhrregion veränderte – das ist Ausgangspunkt und Leitmotiv der größten Mittelalterausstellung, die bisher im Ruhrgebiet gezeigt wurde: „Aufruhr 1225! Ritter, Burgen und Intrigen“, läuft vom 27. Februar bis 28. November 2010 im LWL-Museum für Archäologie in Herne.