Mit einem internationalen und interdisziplinären Forschungsteam wird exemplarisch die Entwicklung von vier Innovationen untersucht: Rad und Wagen, die Züchtung des Wollschafs, die Entwicklung von Kupferlegierungen und das älteste Silber. Mit Grabungen sowohl im russischen Nordkaukasus als auch im georgischen Südkaukasus soll zudem die Grundlage für eine auf 14C-Datierungen basierte Chronologie der Frühbronzezeit geschaffen werden.
Der Advanced Grant zählt zu den wichtigsten Forschungsförderungen Europas. Insgesamt 2052 Forschungsanträge für den Advanced Grant wurden eingereicht – 222 (10,8%) Prozent wurden ausgewählt. Alleiniges Auswahlkriterium ist dabei wissenschaftliche Exzellenz. Der Europäische Forschungsrat stellt dafür 540 Millionen Euro bereit. Gefördert wird in den drei Bereichen Lebenswissenschaften, Physik und Technik sowie Sozial- und Geisteswissenschaften.
»Mit der Untersuchung von vier Schlüsselinnovationen im Kaukasus wird auch das vorherrschende Narrativ, alle technischen Errungenschaften stammten aus den städtischen Zentren Mesopotamiens, überprüft. Neue Forschungen, unter anderem zum ältesten Wagen, haben nämlich Raum für eine alternative Hypothese geschaffen. »Es war möglicherweise nicht die Entwicklung neuer Techniken, sondern ihre Adaption aus verschiedenen »Peripherien«, und ihre Rekombination, welche die Basis für den Erfolg der »Hochkulturen« darstellten« erklärt der Projektleiter Svend Hansen. Für die Verwendung von Rad und Wagen, von Wolle, Silber sowie für die Legierung von Kupfer mit Arsen gibt es sehr frühe Nachweise im Kaukasus. Die Untersuchung der vier Innovationsbereiche wird vor allem mit aktuellen naturwissenschaftlichen Methoden in Zusammenarbeit mit international führenden Spezialisten der Paläogenetik, Anthropologie, Isotopenchemie und Archäometallurgie durchgeführt. Innerhalb des Projekts werden auch die paläogenetischen Studien fortgesetzt über die 2019 in der Zeitschrift »Nature Communications« berichtet wurde. Sie sollen unter anderem die Rolle von Migrationen für die Verbreitung von Innovationen und Techniken genauer beleuchten. Darüberhinaus sollen erstmals die Verwandtschaftsverhältnisse in bronzezeitlichen Grabhügeln möglichst umfassend rekonstruiert werden. Die Forschungen werden unter anderem mit dem »Digitalen Atlas der Innovationen« einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht.
Svend Hansen ist seit 2003 Erster Direktor der Eurasien-Abteilung und seit 2004 Honorarprofessor an der Freien Universität Berlin. Er studierte Prähistorische Archäologie, Klassische Archäologie und Religionswissenschaft an der Freien Universität Berlin und wurde 1991 mit einer Arbeit über »Urnenfelderzeitliche Hortfunde zwischen Rhônetal und Karpaten« promoviert. Nach dem einjährigen Reisestipendium der Römisch-Germanischen Kommission wurde er 1994 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Heidelberg und 1995 Hochschulassistent an der Ruhr-Universität Bochum, wo er 2000 mit »Untersuchungen zur jungstein- und kupferzeitlichen Figuralplastik« habilitiert und zum Hochschuldozenten ernannt wurde. Er ist Ehrenmitglied der Rumänischen Akademie und Ehrendoktor der Sochumi-Universität in Tiflis. Er führte Ausgrabungen u.a. in Rumänien und Georgien durch.