Der 1955 in Stockholm geborene Svante Pääbo studierte an der Universität Uppsala ab 1975 Ägyptologie, Russisch und Wissenschaftsgeschichte und ab 1977 Medizin, und promovierte im Jahr 1986 über ein zellbiologisches Thema. Er setzte seine Forschungen an der Universität Zürich, am Imperial Cancer Research Fund in London und an der University of California, Berkeley fort. Im Jahr 1990 kam Pääbo nach Deutschland, wo er zunächst an der Ludwig-Maximilians-Universität in München die Professur für Allgemeine Biologie und Zoologie übernahm. Seit 1997 leitet er die Abteilung für Evolutionäre Genetik am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.
Der Neandertaler in uns
Zu Pääbos großen wissenschaftlichen Erfolgen zählen die Bestimmung der ersten DNA-Sequenzen eines Neandertalers (1997): Die Ergebnisse des Vergleichs der DNA von Neandertaler und modernem Menschen zeigten, dass der Neandertaler eher einen Seitenzweig als ein direktes Bindeglied innerhalb der menschlichen Evolution darstellt.
Weitere Meilensteine in Svante Pääbos Karriere sind die Arbeit am Gen FOXP2 (2002), das mit Sprache und Sprechen in Verbindung gebracht wird, die komplette Entschlüsselung der mitochondrialen DNA des Neandertalers (2008) sowie der Genomsequenz des Neandertalers (2010). Erste Analysen ergaben, dass der Neandertaler und der frühe moderne Mensch sich vermischt haben. Im Genom heute lebender Nicht-Afrikaner stammen eins bis vier Prozent der DNA vom Neandertaler.
Auf den Spuren des Denisova-Menschen
Im Dezember 2010 folgte eine weitere Sensation, als Pääbos Team das Kerngenom eines mindestens 30.000 Jahre alten Fingerknochens aus der sibirischen Denisova-Höhle sequenzierte und dabei eine neue Urmenschenart entdeckte. Der Denisova-Mensch teilte eine gemeinsame Herkunft mit dem Neandertaler, schlug aber danach einen anderen evolutionären Weg ein. Weitere Analysen zeigten 2011: Der Denisova-Mensch hat Erbgut an heute lebende Populationen auf Neuguinea, an australische Ureinwohner und philippinische Populationen weitergegeben und war über ein großes ökologisches und geographisches Gebiet verbreitet, das von Sibirien bis ins tropische Südostasien reichte.
Mithilfe einer in Pääbos Abteilung entwickelten neuen Methode, welche die DNA-Doppelhelix in ihre zwei Einzelstränge teilt und beide Stränge der DNA-Sequenzierung zugänglich macht, konnten die Forscher jede Base im Genom des Deniosova-Menschen etwa 30-mal (2012) und im Genom des Neandertalers etwa 50-mal (2013) lesen. Das dadurch generierte Genom weist eine ähnlich hohe Qualität auf wie beispielsweise das Erbgut heute lebender Menschen. Ebenfalls im Jahr 2013 entzifferten Pääbo und Kollegen das mitochondriale Erbgut eines 400.000 Jahre alten Hominiden aus Spanien. Eine Sensation, denn so alte DNA konnte bis vor kurzem nur von Fossilien aus Permafrostgebieten gewonnen werden. Im Rahmen einer Folgestudie aus dem Jahre 2016 sequenzierte Pääbos Team aus Fossilien derselben Höhle Zellkern-DNA und konnte die Verwandtschaft dieser Hominiden mit Neandertalern belegen.
Pääbos Team sequenzierte das Erbgut des bisher ältesten modernen Menschen, eines 45.000 Jahre alten Mannes aus Sibirien und entdeckte darin relativ lange Segmente von Neandertaler-DNA, die belegen, dass sich die Ahnen dieses Sibiriers nur etwa 5.000 bis 15.000 Jahre vor dessen Geburt mit Neandertalern vermischt hatten (2014). Aktuelle DNA-Analysen eines 40.000 Jahre alten Kieferknochens aus Rumänien ergaben, dass sich einige der ersten modernen Menschen, die nach Europa kamen, mit den dort lebenden Neandertalern vermischten (2015).
Ausgezeichnete Forschung
Pääbos wegweisende Forschungen zur Abstammung des Menschen wurden mit zahlreichen nationalen und internationalen Auszeichnungen gewürdigt: Er erhielt u.a. den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (1992), den Louis-Jeantet-Preis für Medizin und die Virchow-Medaille (2005), die H.M. The King«s Medal des schwedischen Königs (2012) und den Gruber-Preis für Genetik (2013), um nur einige wenige zu nennen. 2015 wurde Svante Pääbo der Breakthrough Prize in Life Science verliehen, sowie in 2016 der Keio Medical Science Prize und den Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft 2018.
Der Japan-Preis wird Svante Pääbo nun am 15. April 2020 in Tokio verliehen. Er wird von der Science and Technology Foundation of Japan (JSTF) an Wissenschaftler aus aller Welt verliehen, deren bahnbrechende Leistungen für die Wissenschaft und Technologie dem Frieden und dem Wohle der Menschheit dienen. Er wird gerne als der Japanische Nobelpreis bezeichnet. 88 Preisträger aus 13 Ländern haben ihn bislang erhalten, seitdem er 1985 erstmals vergeben wurde – darunter auch zahlreiche spätere Nobelpreisträger.