Stellungnahme zur BILD-"Schatzsuche" in Guatemala

Wissenschaftler halten die Aktion für skandalös

Über 120 Mesoamerikanisten aus dem deutschsprachigen Raum haben sich in einer Stellungnahme gegen die gerade beendete Aktion »BILD jagt den Maya-Schatz« gewandt, weil sie einen Anreiz zu Plünderungen schaffe und dem Ansehen der deutschen Wissenschaft schade.

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Ausriss aus der Bild.de Website zur Schatzjagd-Aktion
Ausriss aus der Bild.de Website zur Schatzjagd-Aktion

Anfang März 2011 begann die BILD-Zeitung mit dieser Aktion. Unter der Leitung des ehemaligen Realschullehrers Joachim Rittstieg und begleitet von Tauchern und Reportern der Bildzeitung, sollte in Guatemala im Izabal-See ein Goldschatz aus der Zeit der Maya gefunden werden. Rittstieg vermutet in diesem See auch die Überreste des versunkenen Atlantis.

In der Stellungnahme der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heisst es:

Seit dem 2. März 2011 veranstaltet die BILD-Zeitung eine Schatzsuche nach "versunkenen Goldtafeln" der Maya. Als Leiter der Expedition wird Joachim Rittstieg genannt, ein ehemaliger Realschulrektor aus Borgstedt bei Rendsburg/Schleswig-Holstein. Ziel ist es, eine angeblich antike untergegangene Maya-Stadt im Lago de Izabal, Guatemala wieder zu entdecken und deren umfangreiche Goldschätze zu bergen.

Die Vorgehensweise der BILD-Schatzsucher ist aus Sicht deutscher Wissenschaftler/-innen skandalös und entbehrt jeglicher wissenschaftlichen Grundlage. Die Durchführung dieses auf Effekthascherei zielenden Unternehmens und das damit in Deutschland wie in Guatemala verbundene Medienecho schaden der über viele Jahre aufgebauten guten Zusammenarbeit zwischen den Forschungsinstitutionen beider Länder. Darüber hinaus beschädigen sie das Ansehen Deutschlands in Guatemala und gefährden die archäologischen Hinterlassenschaften der antiken Maya-Kultur, welche in Zukunft wegen der nun dort vermuteten Goldschätze noch stärker geplündert werden.

Zum Hintergrund: Joachim Rittstieg ist ein selbsternannter Maya-Forscher, der sich mit seinen Thesen und Untersuchungsmethoden außerhalb der Regeln des guten wissenschaftlichen Arbeitens bewegt. Seine Thesen weisen Bezüge zur Atlantis-Mythologie auf. Sie beinhalten zudem deutlich völkisch-rassische Züge und basieren auf der esoterisch verklärten Vorstellung von einer überlegenen nordisch-germanischen Ur-Kultur, die sich einst in alle Welt verbreitete. Es ist bedauerlich, dass sich eine große überregionale deutsche Zeitung zum Sprachrohr für diese abwegigen Thesen macht.

Der Lago de Izabal und die umliegende Region in Guatemala sind bereits in den vergangenen Jahrzehnten gut erforscht worden. Weder archäologische Spuren noch Schriftzeugnisse aus der frühen Kolonialzeit verweisen auf eine unbekannte Maya-Stadt namens „Atlan“, deren Name frei erfunden ist. Goldverarbeitung in Form der von Rittstieg beschriebenen Tafeln hat es in der antiken Maya-Kultur überhaupt nicht gegeben.

Die genannte Maya-Handschrift, der Codex Dresdensis, wird seit mehr als 100 Jahren kontinuierlich erforscht. Zahlreiche Publikationen belegen anschaulich und nachvollziehbar, dass die Texte der Handschrift religiöse und kalendarische Informationen enthalten. Eine „Schatzkarte“ wie von Rittstieg diagnostiziert, enthält dieses Dokument definitiv nicht.

Anstelle von fundierten Forschungsergebnissen werden die haarsträubenden Thesen des Herrn Rittstieg als "wissenschaftlicher Durchbruch" verkauft.

Das Unternehmen und die Vorgehensweise von Joachim Rittstieg und des BILD-Teams gegenüber der guatemaltekischen Altertumsbehörde IDAEH sind aus unserer Sicht zu verurteilen. Die Berichterstattung in BILD suggeriert, dass die Schatzsucher in Begleitung des deutschen Botschafters versuchten, den Prozess der Genehmigung ihrer Expedition abzukürzen.

Die Auswirkungen einer solchen Schatzjagd auf die antiken Maya-Stätten sind höchst problematisch. Lokale Bevölkerung wie auch zahlreiche international agierende Kunsträuber könnten dadurch animiert werden, die vermeintlichen Goldschätze der Maya zu suchen. Gerüchte über die Existenz von Goldschätzen haben in der Vergangenheit bereits in zahlreichen archäologischen Stätten zu Plünderung und Zerstörung wertvoller Kulturgüter geführt.

Archäologen haben bislang in mühevoller Aufklärungsarbeit vor Ort immer wieder darauf hingewiesen, dass die antiken Maya-Stätten keineswegs Goldschätze enthielten, und mussten zudem mit Gerüchten kämpfen, sie würden Schätze illegal außer Landes schaffen. Die BILD-Goldsuche macht diese Arbeit mit einem Schlag zunichte und schadet dem Ansehen deutscher Wissenschaftler und dem gesamten Land in Guatemala und darüber hinaus.