Von Mitte April bis Mitte Oktober 2018 führte die Außenstelle Darmstadt der hessenArchäologie im Landesamt für Denkmalpflege im Bereich des Gewerbegebiets Süd in Zusammenarbeit mit der Stadt Heppenheim eine archäologische Ausgrabung durch. An der Lise-Meitner-Straße wurde auf einer Gesamtfläche von 3,7 ha in dieser Zeit ausgegraben. Anlass war die im Bebauungsplanverfahren festgestellte steinzeitliche Siedlung, die im Zuge einer zukünftigen Bebauung zerstört werden wird.
Im Zuge der Untersuchung wurde die Fläche nach und nach mit dem Bagger vom Oberboden befreit. Die als Verfärbungen im Boden auftretenden Strukturen wurden dann vom sechsköpfigen Grabungsteam unter Leitung von David Sarnowski vermessen und beschrieben. Im genannten Zeitraum hat die hessenArchäologie die steinzeitliche Siedlung, die in die Kulturstufe der sogenannten Linearbandkeramik gehört, vollständig untersuchen können. In der Siedlung standen über 20 Häuser, die eine Länge bis zu 30 m und eine Breite von ca. 8 m hatten. Dieser Häusertyp ist für die Zeit typisch und wurde in Holzbauweise mit lehmverstrichenen Wänden errichtet. Die Größe der Häuser erklärt sich durch den Umstand, dass sie sowohl der Unterbringung der jeweiligen Familie als auch zur Vorratslagerung diente. Die Häuser bestanden zum Teil gleichzeitig, doch zeigen einige Überlappungen von Grundrissen auch eine Abfolge der Gebäude an.
Aus den Abfallgruben der Siedlung konnten vor allem Keramik und Steinwerkzeuge, aber auch Tierknochen als Reste des Fleischverzehrs der Siedler geborgen werden. Darunter finden sich Knochen von Pferd, Rind, Schwein, Schafen und Ziegen als gehaltene Haustiere, aber beispielsweise auch vom Rothirsch als gejagtes Wild.
Das untersuchte Grab eines Kindes innerhalb der Siedlung stellt eine Besonderheit dar, da die Toten normalerweise außerhalb der Siedlung bestattet wurden. Die Gründe für diese Vorgehen werden sich möglicherweise aus der weiteren Analyse des Grabes ergeben.
Ein Brunnen aus dem Neolithikum
Einen für Hessen einmaligen Fund stellt die Ausgrabung des Brunnens der Siedlung dar, bei dem sich noch ein Teil der ursprünglichen Hölzer des Brunnenverbaus erhalten hatten. Diese waren im Rechteck gesetzt und miteinander verzapft, so dass eine standfeste Brunnenröhre entstand. Aufgrund des hoch anstehenden Grundwassers in diesem Bereich haben sich die Hölzer bis heute erhalten. Hier zeigt sich sehr deutlich das handwerkliche Vermögen, mit dem die Menschen vor 7000 Jahren mit ihren Werkzeugen aus Stein bereits eine solche technische Einrichtung bauen konnten. Die gesamte Siedlung hat ungefähr um die Zeit um 5000 vor Christus bestanden, wobei die Siedlungsdauer in der weiteren Auswertung der Funde noch zu ermitteln sein wird.
Weitere Befunde und Funde
Neben der steinzeitlichen Siedlung fanden sich weitere Hinweise der Anwesenheit von Menschen aus anderen Zeiten. Ein bronzenes Rasiermesser, wohl ein verlorenes Einzelstück, stammt aus der Urnenfelderzeit (1200-800 v. Chr.). Verschiedene Gräben, drei Gräber und zwei Brunnen deutet auf die Nutzung des Bereiches durch die Römer. Die Siedlungsstelle liegt im nördlichen Teil der Grabungsfläche. Wahrscheinlich handelt es sich um einen ländlichen Gutshofsbetrieb (villa rustica), wie sie von der Bergstraße auch an anderen Plätzen bekannt geworden sind. Gebäude konnten von der Anlage nicht nachgewiesen werden.