Bereits 2009 waren im Olzreuter Ried mehrere aus Ahorn- und Eschenholz gefertigte große Scheibenräder aus der Zeit um 2.900 vor Christus gefunden worden. Neben diesen Radscheiben mit rechteckigem Achsloch fand sich auch ein kleines Modellrad, das ein rundes Achsloch zeigte. Die Funde sorgten damals für Aufsehen, weil sie einer kleinen Gruppe weltweit ältester Räder zuzurechnen sind, in hervorragendem Erhaltungszustand gefunden wurden und wichtige Informationen zur Technikgeschichte geben. Bei weiteren archäologischen Untersuchungen wurden nun erneut zwei Modellräder freigelegt, die einen Durchmesser von 7,4 und 9,5 Zentimetern haben.
Eines zeigt ein rechteckiges Achsloch und stellt damit eindeutig eine Imitation der großen Scheibenräder dar. Der zweite Neufund hat indessen wiederum ein rundes Achsloch. »Somit bestätigt sich, dass bereits zu Beginn des 3. Jahrtausends vor Christus zwei grundlegend verschiedene Konstruktionsprinzipien des Wagenbaues im nördlichen Alpenvorland bekannt waren«, sagte Regierungspräsident Johannes Schmalzl, Chef der höheren Denkmalschutzbehörde. Räder, die sich mit rundem Loch auf einer feststehenden Achse drehten, hatten eine Verbreitung von den frühen Hochkulturen des Orients bis nach Nordeuropa, während Räder mit eckigem Achsloch, die fest auf einer rotierenden Achse saßen, mehrfach in den Pfahlbausiedlungen um die Alpen nachgewiesen sind und später vor allem in Westeuropa weiterentwickelt wurden. In den Steinzeitsiedlungen von Olzreute begegneten sich offenbar beide Erfindungen. Die Faszination am neuen Fortbewegungsmittel muss groß gewesen sein, wie die perfekte Konstruktion der Großräder und ihre minutiöse Imitation in Form der Kleinräder zeigt. Wozu die kleinen Modellräder dienten ist noch nicht klar, doch kommt eine Verwendung als Kinderspielzeug, als technisches Demonstrationsobjekt oder als ritueller Gegenstand in Frage.
Die Neufunde werden in den Werkstätten des Landesamtes für Denkmalpflege in Esslingen mit modernsten Methoden der Feuchtholzkonservierung restauriert und 2016 auf der Großen Landesausstellung Baden-Württemberg »4000 Jahre Pfahlbauten« in Bad Schussenried und Bad Bad Buchau gezeigt. Der Ausgrabungsleiter Dr. Helmut Schlichtherle resümierte bei ersten Filmaufnahmen im Zuge der neuerlichen Entdeckungen: »Insgesamt sechs steinzeitliche Radfunde aus einem Fundort, zudem zwei verschiedenen technischen Systemen zugehörig, das ist schon einmalig.«
Keine andere Region in Europa hat bisher so viele Funde zum frühen Verkehrswesen geliefert, wie das Federseegebiet: neben den Funden aus Olzreute-Enzisholz stammen aus dem Federseeried Teile von acht weiteren großen Scheibenrädern der Jungsteinzeit. Zudem liegt ein bronzezeitliches Rad aus der »Wasserburg Buchau« vor, wo außerdem Wagenachsen geborgen wurden. Eine weitere Achse wurde 2015 im Zuge von Rettungsgrabungen in Oggelshausen entdeckt; es handelt es sich hier um die Rohform einer bronzezeitlichen Wagenachse.
Die hervorragenden Konservierungsbedingungen im Moor haben hier also ein ganzes Arsenal des frühen Transportwesens über die Jahrtausende erhalten, zu dem auch mehrere Bohlenwege gehören. Für das Fahren mit Wagen im Moor wird eine feste Unterlage benötigt. Die Bohlenwege im Federseegebiet sind somit die ältesten Straßen im Lande. Die Wasserwege wurden mit Einbäumen erschlossen. Bisher sind aus dem Federseegebiet 56 Einbäume bekannt geworden.